Interview zum VFLL-Jubiläum: Annalena Rauh und Daniela Dreuth

25 Jahre VFLL: weitere Einblicke ins Tandem-Programm

Die Interviewserie im Rahmen von „25 Jahre VFLL“ geht weiter. Im Doppelinterview stellen wir Mitglieder vor, die sich über das Tandem-Programm des Verbandes kennengelernt haben und sich im regelmäßigen Austausch befinden. Dieses Mal sind Annalena Rauh und Daniela Dreuth aus der Regionalgruppe Leipzig dabei.

Wie hast du vom VFLL erfahren?

Annalena: Tatsächlich zuerst über die VFLL-Website. Dann bin ich am Stand auf der Leipziger Buchmesse mit einigen Lektorinnen ins Gespräch gekommen und wurde zu einem der Stammtische in Halle eingeladen. Und von dort aus habe ich dann sozusagen „offiziell“ meinen Weg in den Verband gefunden.

Daniela: Zufällig bei einer Internetrecherche.

Seit wann bist du Mitglied im VFLL?

Annalena: Seit dem Frühjahr 2024.

Daniela: Seit 2019.

Was hat dich zum Eintritt bewogen? Was waren deine Vorstellungen, Wünsche, Erwartungen?

Annalena: Mich haben zuerst besonders die regelmäßigen Stammtische vor Ort überzeugt, weil ich mir zu Anfang vor allem ein wenig Gemeinschaft gewünscht habe. Gerade als Solo-Selbstständige weiß ich es zu schätzen, mich mit Kolleg*innen auszutauschen und über die Branche zu sprechen. Aber auch die Veranstaltungsangebote in den Regionalgruppen fand ich sehr interessant, um mein Fachwissen zu erweitern bzw. aktuell zu halten.

Daniela: Bei meinem Eintritt war ich schon zehn Jahre als Lektorin selbstständig. Am Anfang habe ich mich nicht getraut, weil ich gesehen habe, dass man Arbeitsnachweise einreichen muss, die ich noch nicht hatte. Dass man zunächst Kandidatin sein kann, muss ich übersehen haben. Dann verlor ich die Mitgliedschaft aus den Augen, bis sich mehrfach Kolleginnen darüber wunderten, dass ich nicht in „meinem“ Berufsverband bin. Aus heutiger Sicht ist es sehr schade, dass ich so lange gewartet habe, der VFLL wäre mir beim Berufseinstieg sicherlich eine große Hilfe gewesen.

Ich war vor allem auf der Suche nach kollegialem Austausch und nach Fortbildungen.

Hast du dich schnell zurechtgefunden oder gab es am Anfang Stolpersteine? Falls es Stolpersteine gab, verrätst du, welche?

Annalena: Sagen wir es mal so: Ich dachte, ich habe mich gut zurechtgefunden, aber das lag vor allem daran, dass ich viele Angebote erst peu à peu entdeckt habe. Von den verschiedenen Netzwerken wusste ich zum Beispiel das erste halbe Jahr nichts, bis mich jemand darauf aufmerksam gemacht hat. Was sehr geholfen hat: Der Stammtisch, denn hier wurden viele Veranstaltungen und Angebote besprochen und ich konnte nachfragen, wenn ich an einer Stelle mehr Unterstützung brauchte.

Daniela: Ich kann mich nicht an Stolpersteine erinnern.

Wie würdest du den VFLL in einem Satz oder in drei Worten beschreiben?

Annalena: Netzwerk, Unterstützung, Fortbildung.

Daniela: Der VFLL ist eine hervorragende Plattform zum Wissens- und Erfahrungsaustausch.

Was schätzt du am meisten am Verband?

Annalena: Den Austausch mit Kolleg*innen, der immer auf Augenhöhe, mit viel Empathie und vor allem konstruktiv ist.

Daniela: Ich schließe mich Annalena an: Gerade für uns Einzelkämpfer*innen ist der konstruktive Austausch überaus wertvoll.

Gibt es Anregungen, was wir noch verbessern könnten? Was wünschst du dir als Neumitglied?

Annalena: Als Neumitglied liegt mir besonders die Stärkung der rechtlichen Rahmenbedingungen in unserem Bereich am Herzen. Ich weiß, dass der Verband hier bereits verschiedene Maßnahmen unternimmt, von Fortbildungen bis zu Kooperationen mit anderen Verbänden. Ich hoffe, all diese Maßnahmen stärken nicht nur neuen Lektor*innen, sondern auch langjährigen Mitgliedern den Rücken.

Hast du als langjähriges Mitglied noch Wünsche offen?

Daniela: Seit Beginn meiner Mitgliedschaft hat sich im VFLL einiges verändert. Online-Fortbildungen kamen hinzu, die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden wurde verstärkt, die politische Arbeit geht aus meiner Sicht in die richtige Richtung. Das finde ich gut. Schön wäre es, wenn die Diskussionsmailingliste einmal richtig in die Gänge käme.

Du machst bei dem Tandem-Programm mit. Wie hast du von dem Tandem-Programm erfahren? Wie läuft es für dich?

Annalena: Vom Tandem-Programm habe ich (Überraschung!) auch über den Stammtisch erfahren. Für mich hat es den Start unheimlich vereinfacht, weil ich damit eine feste Ansprechpartnerin hatte, der ich meine Fragen, aber auch Sorgen oder Zweifel anvertrauen konnte. Denn die Unterstützung, die ich das letzte Jahr am meisten gebraucht habe, lag oft gar nicht im Bereich der fachlichen Fragen (auch, wenn Daniela mir hier ebenfalls viel nützliches Wissen mitgegeben hat), sondern vor allem im Bereich Selbstbewusstsein, Erwartungen und Umgang mit Unsicherheiten und Ängsten zu Beginn der Selbstständigkeit. Hier hat der regelmäßige Austausch mich jedes Mal aufs Neue bestärkt und mein Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten unterstrichen. Daniela hat immer ein offenes Ohr für mich und teilt auch mal die eine oder andere Geschichte aus dem Nähkästchen.

Wie profitierst du von dem Angebot? Was ist für dich ein Benefit?

Daniela: Als über unsere Regionalgruppe die Anfrage kam, wer Lust hat, beim Tandem-Programm mitzumachen, habe ich mich spontan gemeldet. Wir treffen uns online einmal im Monat, manchmal mailt Annalena mir vorab ihre Fragen. Das ist gut, denn nicht alles kann ich auf Anhieb beantworten, nicht mit allen Problemen bin ich bei meiner Arbeit selbst konfrontiert worden. Von Steuer über sinnvolles Netzwerken bis zu konkreten Lektoratsfragen war schon alles dabei.

Darüber hinaus sprechen wir über alles, was uns gerade einfällt, und brauchen grundsätzlich länger als geplant. Ich finde das auch für mich wertvoll, weil ich eine andere Sichtweise kennenlerne und erfahre, wo bei einer Anfängerin der Schuh drückt. Außerdem habe ich dadurch eine sehr sympathische Kollegin kennengelernt.

Hast du einen Schwerpunkt im Lektorat? Wenn ja, welchen?

Annalena: Mein Schwerpunkt liegt im Bereich der Unterhaltungsliteratur. Besonders gern mag ich die Genres Fantasy (Urban Fantasy, Romantasy, Cosy Fantasy), Mystery (YA-Mystery, Cosy Crime) und Solarpunk, aber auch (LGBTQ+)-Liebesgeschichten. Darüber hinaus lektoriere ich aber auch gern andere Projekte, sofern sie mich interessieren und zu meiner Expertise passen.

Daniela: Meine Schwerpunkte sind Kinder- und Jugendbuch, Urban Fantasy, Krimi und das Übersetzungslektorat (Englisch).

Bietest du zusätzliche Dienste an? Beratung, Coaching, Ghostwriting oder Ähnliches?

Annalena: Neben dem Lektorat biete ich auch eine individuelle Schreibbegleitung an. Zudem unterstütze ich mit Manuskript- und Exposégutachten bei der Verlagsbewerbung und erstelle auf Wunsch auch Klappentexte.

Daniela: Wenn es sich ergibt, unterstütze ich meine Kundschaft dabei, ihre Unterlagen für die Verlagssuche vorzubereiten, konzentriere mich aber auf das Lektorat.

Was hast du vor deiner Tätigkeit als freiberufliche Lektorin gemacht? Welchen Beruf hast du ausgeübt?

Annalena: Ich habe Buch- und Medienwirtschaft studiert und danach im Marketing gearbeitet, zuerst für eine Lernplattform und später für eine Kommunikationsagentur im Bereich politische Kommunikation und Non-Profit. Nebenbei habe ich für einen Kleinverlag lektoriert und schließlich entschieden, mich als Lektorin selbstständig zu machen.

Daniela: Ich war Verwaltungsbeamtin, habe dann aber noch einmal studiert, Fortbildungen besucht und mich schließlich selbstständig gemacht.

Was machst du als Ausgleich zu der Schreibtischarbeit? Hast du bestimmte Hobbys, die du pflegst?

Annalena: Ich verbringe viel Zeit in der Natur, entweder beim Gärtnern auf dem Balkon oder beim Campen und Wandern. Außerdem singe ich in einem Chor und lerne aktuell Koreanisch.

Daniela: Ich habe mehrere Ehrenämter, die mich viel Zeit kosten, bin zum Beispiel Stadträtin und Schöffin. Theoretisch fahre ich sehr gerne Rad, komme aber nicht so oft dazu, wie es sinnvoll wäre. Außerdem liebe ich es zu reisen.

Was empfiehlst du einem Neumitglied?

Daniela: Wenn man sich selbstständig macht, ohne vorher in einem Verlag tätig gewesen zu sein, wenn einem also die Kontakte fehlen, braucht es einiges an Durchhaltevermögen. Es dauert, bis genug Aufträge da sind. Gebt nicht zu früh auf! Es kann sinnvoll sein, die schwere Anfangszeit mit einem Teilzeitjob zu überbrücken. Aber es lohnt sich, denn das Lektorat ist ein wundervoller Beruf!

Auf jeden Fall ist es sinnvoll, viel zu netzwerken und die guten Fortbildungen des Verbands zu besuchen. Sich in der Verbandsarbeit einzubringen, bringt zwar Arbeit mit sich, lohnt sich aber auf jeden Fall. Und: Auch beim Mitlesen auf der Liste kann man viel lernen.

Wie hat sich aus deiner Sicht das Lektorat verändert?

Daniela: Meine ersten Aufträge bekam ich noch per Post auf Papier, eine ganze Weile druckte ich mir alles aus, um einen Durchgang auf Papier zu machen. Heute arbeite ich ausschließlich am Computer.

Nachschlagewerke sind heute online verfügbar. Zwar habe ich immer noch die gedruckten Bücher auf dem Schreibtisch liegen oder im Regal stehen, nutze sie aber nicht mehr oft.
Recherche ist wesentlich leichter geworden. Früher musste man manchmal in die Bibliothek gehen, heute sind viele Informationen nur einen Mausklick entfernt – und wenn nicht, kann man mal rasch die Kolleg*innen fragen. Es ist immer wieder beeindruckend, welch breitgefächertes Wissen im VFLL versammelt ist.

Wie hat sich deiner Meinung nach der Verband in den letzten Jahren entwickelt? Stichpunkte: Angebote und Service für Mitglieder, Engagement der Mitglieder …

Daniela: Früher habe ich einmal im Jahr eine Fortbildung gemacht. Dann kam Covid und Online-Fortbildungen wurden entwickelt. Plötzlich waren lange Fahrzeiten und teure Übernachtungen in anderen Städten nicht mehr nötig. Für mich, die auf dem Land wohnt, wurde es leichter und billiger, an Fortbildungen teilzunehmen, was ich gerne nutze – auch wenn ich den persönlichen Treffen mit den Kolleg*innen manchmal nachtrauere. Auch die Außendarstellung des VFLL hat sich verbessert. Außerdem gab zahlreiche kleinere und größere Veränderungen, an die ich mich mittlerweile so gewöhnt habe, dass sie mir gar nicht mehr auffallen, die den VFLL aber zu einem modernen, zeitgemäßen Verband machen.

Interview: Sibylle Schütz
Redaktion: Katja Rosenbohm
Korrektorat: Rebekka Münchmeyer
Beitragsbild: v. l. Annalena Rauh und Daniela Dreuth, (c) privat  


Daniela Dreuths Website und Profil im VFLL-Lektoratsverzeichnis
Annalena Rauhs Website und Profil im VFLL-Lektoratsverzeichnis


Viele weitere Regionalgruppen haben inzwischen ein Tandemprogramm. Du bist interessiert? Dann frag dein Regionalgruppen-Team. Alle Kontaktdaten sowie das aktuelle Programm der Regionalgruppen findest du auf der VFLL-Website.


Zum Tandem-Interview mit Dr. Christian Homma und Sabine Steck (2025)


Zu einem weiteren Interview mit Daniela Dreuth im VFLL-Blog:
„Ich schau nur noch wenig fern“ (2019)

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