Wie konnte es zur Finanzkrise kommen? Haben die Rettungsaktionen etwas gebracht? Was bleibt zu tun? Lars Günther beschäftigte sich zweieinhalb Jahre mit diesen und vielen weiteren Fragen. Seine Antworten flossen in 200 kurze Texte ein, die er in seinem Buch „a b crash. Stichwörter der Finanzkrise“ zusammengefasst hat. Ökonomische Vorkenntnisse sind dafür nicht notwendig, vielmehr soll jeder die Chance erhalten, sich über Hintergründe und Ursachen der Finanzkrise zu informieren.
Von Lars Günther
Um was für ein Werk handelt es sich?
Es handelt sich um ein Buch (bislang nur Print) mit dem Titel „a b crash. Stichwörter der Finanzkrise“. Es enthält rund 200 alphabetisch sortierte Texte, die alle mehr oder weniger eng mit der Finanzkrise verknüpft sind. Zielgruppe sind alle Menschen, die sich wie ich die Frage nach den Ursachen und Hintergründen der Finanzkrise stellen. Ökonomische Vorkenntnisse sind nicht nötig, es sind viele Artikel enthalten, in denen Grundbegriffe wie Grenznutzen, Hedgefonds, Knappheit, vollkommener Markt und Shareholder Value erklärt oder Ökonomen wie Adam Smith und David Ricardo vorgestellt werden.
Wie warst du daran beteiligt?
Ich habe das Buch geplant und konzipiert, war Autor und Redakteur. „Eingekauft“ habe ich Lektorat, Satz, Layout und Cover.
Wie bist du zu dem Werk oder auf das Thema gekommen?
Das war 2013. Die Krise dauerte schon gut fünf Jahre an, und langsam glaubte ich nicht mehr den politischen Beteuerungen, sie sei mit der jeweils aktuellen „Rettungs“-Aktion in den Griff zu bekommen. Immer wieder tauchten neue Schulden in irrealer Höhe auf. Und die dreistelligen Milliardenbeträge, für die die Steuerzahler in Deutschland und anderen Ländern haften, kamen offenbar bei der Bevölkerung in Südeuropa nie an. Die Lektüre kritischer Ökonomen, die die Krise auch als Folge einer einseitigen –marktgläubigen – Wirtschaftswissenschaft beschrieben, war der Anlass für eine tiefere Beschäftigung mit dem Thema.
Die Form – kurze Artikel von A bis Z – wählte ich zunächst schlicht deshalb, weil ich früher häufig als Autor und Redakteur an Lexika beteiligt war und mal wieder Lust hatte, ein Lexikon zu machen. Beim Schreiben merkte ich dann, dass das Format mir sehr entgegenkam. Ich konnte fragmentarisch bleiben, Sachartikel mit provokanten Fragen und philosophischen Fragmenten mischen. Wer alles in einen zusammenhängenden Text gießt, hat da weniger Freiheiten.
Hast du in einem Verlag publiziert oder per Self-Publishing?
Per Self-Publishing, bei tredition.
War es schwierig, einen Verlag zu finden?
Ich habe es nicht versucht, denke aber, dass es sehr schwierig gewesen wäre, für so ein unkonventionelles Format einen Verlag zu finden.
Wie lange hast du an dem Buch gearbeitet?
Geschrieben habe ich die Artikel innerhalb von zweieinhalb Jahren zwischen Oktober 2013 und März 2016. Danach war ich noch etwa zwei Monate lang mit der Schlussredaktion und mehreren Korrekturdurchgängen beschäftigt.
Gab es spezielle Herausforderungen?
Aufgrund der Dynamik der Krise veränderte sich die Materie manchmal schneller, als ich mit dem Schreiben hinterherkam. Sogar als ich das Buch eigentlich schon abgeschlossen hatte, tauchte noch ein neues Stichwort in einer TV-Dokumentation auf: Cum/Ex-Geschäfte, mit denen Investoren doppelte Steuerrückzahlungen auf nur einmal gezahlte Steuern erhielten. Natürlich in Milliardenhöhe. Und Finanzminister verschiedener Parteien schauten zehn Jahre lang zu.
Was hat besonders Freude gemacht?
Immer wenn es mir gelungen ist, für einen Sachverhalt eine besonders pointierte Formulierung zu finden, in der günstigstenfalls auch noch Kritik oder ironische Distanz mitschwingt. Und der Moment, als vielleicht 80–90% der Texte verfasst waren und ich mir plötzlich sicher war, dass das Buch fertig werden würde.
Wie fühlt es sich an, das Werk nun in den Händen zu halten?
Freude, das Werk von zweieinhalb Jahren Arbeit in – wie ich finde – optisch ansprechender Form vor mir zu sehen. Erleichterung, es bis zur Veröffentlichung gebracht zu haben. Aber auch die Verpflichtung, mich jetzt um die Werbung zu kümmern. Denn das Buch soll ja wenigstens ein paar der 500 Millionen Europäer, die von der Krise betroffen sind, erreichen. ;-)
Gibt es noch etwas, das du uns dazu sagen möchtest?
Wirtschaft ist existenziell für uns alle, und jeder politisch interessierte Mensch sollte sich mit Wirtschaftsfragen beschäftigen. Weder die von Politik und Medien vorgebetete Marktideologie noch antikapitalistische Phrasen werden uns weiterhelfen. Sondern viele politisch Interessierte, die sich möglichst breit informieren, sich auf dieser Basis eine Meinung bilden und sich einmischen. Akut gilt es, die gerade diskutierten Abkommen wie CETA, TTIP und TiSa in ihrer jetzigen Form zu verhindern, weil sie das Potential besitzen, Demokratie und Rechtsstaat zu zerstören und unsere physischen Lebensgrundlagen dem Profitstreben internationaler Großkonzerne auszuliefern. Um zu einer gerechten und nachhaltigen Wirtschaftsweise zu gelangen, müssen wir aber auch das Monster namens Zinseszins überwinden, bevor es uns alle auffrisst.
Lars Günther: a b crash. Stichwörter der Finanzkrise, 2016, 152 Seiten, Paperback, 9,99 Euro ISBN 9783734527821, Hardcover 17,99 Euro, ISBN 9783734527838
Das Buch bei tredition, inkl. Leseprobe
Das Buch ist außerdem über den Buchhandel und online z. B. bei buchhandel.de erhältlich
Website von Lars Günther
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