Digitale Struktur Lektorenverband VFLL

Digitale Transformation: Verband 4.0

Auch ein Verband muss sich dem digitalen Wandel stellen. Wie dies konkret aussehen kann, diskutierten auf der „5. Fachkonferenz für die digitale Transformation von Verbänden“ Vertreter von Verbänden mit Experten und Software-Herstellern, die auf Verbände abgestimmte technische Lösungen anbieten.

Von Monika Kopyczinski

Die fünfte „Fachkonferenz für digitale Transformation von Verbänden“ fand am 28. Januar 2016 in Berlin statt. Organisiert hatte die Konferenz Thomas Klauß, Autor der Vergleichsstudie „Verbände digital“, der die aktuellen Ergebnisse der Studie gleich zu Beginn der Veranstaltung präsentierte. Eingeladen hatte Klauß auch dieses Mal wieder Vertreter ausgewählter Fachverbände, die die Digitalisierungslösungen ihres Verbands vorstellten. Flankiert wurde die Konferenz von der Präsentation technischer Lösungen der Veranstaltungspartner und einem Experten-Panel zur Zukunft digitaler Verbandsarbeit. Die Teilnehmerschaft der Konferenz setzte sich aus Vertreterinnen und Vertretern von Fachverbänden zusammen, darunter ich selbst für den VFLL.

Community sucht Portal

Im ersten Praxisbeispiel stellte Peter Exner die 3-Phasen-Strategie des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) vor: 2016 realisierte der Verband eine Informationsdatenbank, 2017 soll eine Wissensplattform und 2018 eine Communityplattform (Mitgliederportal) folgen. Das Ergebnis zeigt eine transparente Bereithaltung administrativer und technischer Inhalte in den Datenbanken, eine flexible Prozessgestaltung und vieles mehr. Für die Entwicklung wurden Power-User beobachtet, alle Nutzergruppen befragt und natürlich auch die Mitglieder. Der Verband, der sich aus einem Firmennetzwerk, einem Forschungsnetzwerk aus acht Vereinigungen sowie 3000 Mitgliedern – also sehr heterogen – zusammensetzt, organisiert mit der neuen Plattform derzeit 350 Sitzungen und Termine (Webinare, Präsenztermine für Gremien, Seminare, Fachkongresse) pro Jahr. Über einen Gremiennavigator wird der gesamte Workflow abgewickelt.

Social Intranet statt Datengrab

Stefan Schott präsentierte im zweiten Praxisbeispiel das Social Intranet der Robert Bosch Stiftung. Den Ausgangspunkt bildete ein altes Intranet à la „Datengrab“: Man musste wissen, wo die Dokumente abgelegt waren, die Wissensdatenbank war eine unattraktive Dokumentensammlung ohne Suchfunktion oder grafisch gestaltete Oberfläche, es war keine gute Navigation vorhanden, die Texte in Bürokraten-Deutsch abgefasst. Die neue Lösung ist ein Social Intranet, das alle gern benutzen und einfach bedienen können: Die Geschäftsführerin bloggt, die Mitarbeiter sind eingebunden und profitieren von zahlreichen Service-Funktionen – von einer Fortbildungsorganisation über den Kantinen-Speiseplan bis zur persönlichen Startseite. Alle kommunizieren mit Klarnamen und Foto nach einer Netiquette, Informationen sind übersichtlich und schnell verfügbar. Nach dem Go live haben sich spontan 58 Arbeitsgruppen gebildet!

Konzipiert wurde die neue Plattform auf die konkreten Bedürfnisse der Stiftung (Arbeitsgruppen, Dialog, Wissensdatenbank, aktuelle Startseite etc.) auf der Basis von Drupal, einer Open-Source-Anwendung, die auch der VFLL für sein Lektorenverzeichnis nutzt. Ihr Vorteil besteht darin, dass Word-Anwender nicht geschult werden müssen, das Backend selbsterklärend ist und rollenbasierte Berechtigungen aufweist. Auch die Robert Bosch Stiftung ist phasenweise vorgegangen (Konzeptions-, Umsetzungs- und Weiterentwicklungsphase), die Inhalte wurden stufenweise eingeführt (Gruppenfunktionen, Blog, Kurznachrichten, Weiterbildung etc.). Insgesamt dauerte dieser Prozess 15 Monate; seither kann die Plattform mit wenig personellem Aufwand betrieben werden.

Verband 4.0

Henning Banthien stellte im dritten Praxisbeispiel die neue App der Plattform „Industrie 4.0“ vor, die den industriellen Strukturwandel in Deutschland (Fabrik der Zukunft) abbilden soll. Dieses gesamtgesellschaftliche Projekt existiert seit drei Jahren und ist eine Kooperation von Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gewerkschaften unter der Leitung des Bundesministeriums. Die Industrieplattform bietet dem VFLL bislang noch wenig Anknüpfungspunkte, interessant ist aber sicherlich die Frage, wie ein Verband 4.0 aussehen könnte, vielleicht ja auch ein VFLL 4.0 …

Online-Mitgliederbereich

Aufschlussreicher für den VFLL im Hinblick auf konkrete Umsetzungsstrategien war hingegen das vierte Praxisbeispiel, in dem Eric Springborn den neuen Online-Mitliederbereich des Verbandes Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI) präsentierte: Mit der neuen Plattform können die Mitgliederdaten zentral verwaltet werden, deshalb wurde sie eigens für den Verband programmiert. Das Ergebnis ist ein Portal, das wie eine einfache Seite aussieht, aber insgesamt 15 Websites verbindet und zentral verwaltet. Jeder Redakteur dieses inhaltlich wie auch regional sehr heterogenen Verbandes stellt hier die Inhalte hinein, das Backend ist leicht bedienbar. Der neue Mitgliederbereich „Mein VDZI.de“ weist ein kachelbasiertes Konzept und eine responsive Darstellung auf; die Suchfunktion und das einfache Auffinden von Informationen sind sehr attraktiv, was die die Service- und Dienstleistungsorientierung des Verbandes widerspiegelt. Über zwei Menüleisten werden sowohl innungsspezifische als auch allgemeine Inhalte zur Verfügung gestellt, beispielsweise der Slider (mit Link zu einem Fragebogen) sowie die Rubriken „Rechnungslegung“, „Recht + Verträge“, „Marketing“ (Tipps und Tricks), „Publikationen“, „Verband“, „Mein Konto“, weitere sind in Planung.

Mitgliederkommunikation und digitale Services

Im fünften und letzten Praxisbeispiel gab Frank Gailberger einen Einblick in das Extranet „Inline“ des VfA (Verband Forschender Arzneimittelhersteller). Verwaltet werden mit dieser Plattform unter anderem vertrauliche Dokumente (Kommunikations-Radar), Präsentationen, Daten + Fakten, Newsticker, Standortkarten für Projekte und Programme, eine Bilddatenbank sowie der Newsletter zu aktuellen Themen, der wöchentlich über das Portal mit Editorial und Foto der Verantwortlichen veröffentlicht wird. Diese ansprechende Art der Darstellung könnte auch für den VFLL eine einfache Möglichkeit sein, die Verbandstexte (Rundbriefe des Vorstands, Informationen der Geschäftsstelle oder Arbeitsgruppen, Newsletter) den Mitgliedern in Zukunft auf eine noch attraktivere Weise als bisher zugänglich zu machen.

Wie sieht die Zukunft digitaler Verbandsarbeit aus?

Im anschließenden Pitch stellten die Veranstaltungspartner Anywhere, Doo, EcoPlan, Mixxt und Smashdocs Dienstleistungs- und Software-Angebote vor, die für Verbände von Interesse sein könnten, darunter auch einige Lösungen, die für den VFLL in Betracht kämen.

Das Experten-Panel zum Abschluss der Veranstaltung lieferte interessante, hilfreiche, aber auch nachdenkliche Statements zu der Frage, wie sich Fachverbände in Zukunft digital organisieren können, und gab Anlass zu einer lebhaften Diskussion mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Wie kann die digitale Transformation des VFLL aussehen?

Die Fachkonferenz zeigte, dass der VFLL, obwohl er so klein und auf das ehrenamtliche Engagement der Mitglieder angewiesen ist, bereits seit Langem über viele sehr gute, dezentral organisierte Instrumente (wie die Website mit internem Mitgliederbereich, das Kommunikationstool OpenAtrium für den Vorstand und andere Gruppen, Mailinglisten, Agora, Wiki, Fortbildungsorganisation, Facebook- und Twitter-Auftritt, Blog, Netiquette etc.) verfügt. Sofern diese Tools gut funktionieren und ihren Zweck erfüllen, besteht also eigentlich kein Handlungsbedarf, der stets mit Aufwand (Zeit der Ehrenamtlichen) und Kosten verbunden ist. Sobald diese Instrumente jedoch ihren Zweck nicht (mehr) oder nur unzureichend erfüllen, sollte darüber nachgedacht werden, wie eine zentrale digitale Steuerung (Digitalisierungsstrategie des VFLL) aussehen könnte. Das heißt konkret: Wie diese einzelnen Instrumente gebündelt und ggf. noch erweitert werden könnten.

So ließe sich der interne Bereich der Website beispielsweise auf eine Art „Intranet“ ausweiten: Hier stehen die Informationen nicht nur schnell und übersichtlich für alle bereit, man kann online gemeinsam an einem Projekt/Vorgang arbeiten (Vorstand, Arbeitsgruppen), alle können direkt miteinander zu den jeweiligen Inhalten kommunizieren. Das Veranstaltungsmanagement (MV, Fortbildungen), die Mitgliederverwaltung, die Pressearbeit und weitere Aufgaben der Geschäftsstelle könnten hieran angeschlossen werden. Die Inhalte werden von den Verbandsangehörigen in einem leicht zu bedienenden Backend erstellt und sind sofort für alle zugänglich. Die Umstellung wäre im Vergleich zu anderen Verbänden einfacher, weil der VFLL bereits über viele wichtige Instrumente verfügt, die lediglich in die neue Struktur überführt werden müssten. Die neue Plattform wäre jedoch wesentlich schöner und einfacher zu bedienen, sie eröffnet darüber hinaus weitere Nutzungsmöglichkeiten und dient vor allem der Arbeitserleichterung, wenn damit auch Workflows erledigt werden können.

Vorteile für den VFLL und mögliche nächste Schritte

Mögliche Vorteile für den Verband wären: Komfort und Zeitersparnis für die ehrenamtlich tätigen Mitglieder; bessere und schnellere Information; einfachere und übersichtlichere Archivierung von Inhalten; Vereinfachung und Optimierung der Workflows (Veranstaltungs- und Sitzungsmanagement, Organisation der Lektorentage, Lobbyarbeit u. v. a.m.); Entlastung der Ehrenamtlichen und der Geschäftsstelle; Bindung der Mitglieder an das digitale VFLL-Angebot; Spaß und Attraktivität; userfreundliche Bedienung und informeller Zusatznutzen; Reduzierung von Doppel- und Mehrarbeit.

Die große Herausforderung ist zurzeit die Umstellung der pre-digitalen Prozesse, wie das Experten-Panel der Fachtagung zeigte. Das gilt auch für den VFLL. Der Umzug der Geschäftsstelle im nächsten Jahr könnte ein willkommener Anlass sein, Verbandsabläufe und Workflows neu zu organisieren und mit technischer Unterstützung künftig effizienter zu gestalten. Ein erster Schritt bestünde darin zu überlegen, wie eine „Digitalisierungsstrategie“ des VFLL aussehen könnte. In einem zweiten Schritt könnte dann die stufenweise Realisierung erfolgen: Konzeption, Programmierung, Datenmigration, Release, Pflege und Optimierung.

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