Viele freie Lektorinnen und Lektoren korrigieren und lektorieren nicht nur, sondern vertreiben sich ihre (Frei-)Zeit mit anderen schönen Dingen. Ein Beispiel dafür ist die Thüringer VFLL-Kollegin Daniela Dreuth, die zwei Blogs ihr Eigen nennt, deshalb viel liest und viel rezensiert.
Wie kamst du auf die Idee, einen Blog zu starten? Welche Motivation trieb dich an?
Als ich mich vor gut zehn Jahren selbstständig gemacht habe, stellte ich fest, dass viele Kolleginnen Blogs schreiben. Die Vorstellung gefiel mir und ich beschloss, das auch einmal auszuprobieren. Spontan meldete ich mich deshalb damals bei WordPress an und startete mit dem „Wortakzente“-Blog, das anfangs viel weniger als heute ein Buchblog war, sondern in dem ich über verschiedenste Themen schrieb, die mir gerade in den Sinn kamen. Viele Blogs, die ich kannte, behandelten berufliche Themen. Nach kurzem Überlegen entschied ich mich aber, nicht über Lektorat, Korrektorat oder sprachliche Themen im Allgemeinen schreiben zu wollen. Ich habe meine Blogs nie als Akquiseinstrumente betrachtet – auch wenn sie manchmal trotzdem so funktionieren.
Du hast inzwischen zwei verschiedene Blogs – wie kam es dazu?
Meine Söhne, damals 13 und 9 Jahre alt, hatten tolle Hörbücher; in den Buchhandlungen fand man damals aber nur eine sehr kleine Auswahl an Hörbüchern für Kinder. Das brachte mich auf die Idee, diese Hörbücher zu rezensieren, um sie bekannter zu machen. Schon nach wenigen Monaten fand ich das Durcheinander im Blog zu groß und entschied, dass diese Rezensionen ein eigenes Blog brauchen. Ich eröffnete also ein zweites Blog, „Kinderohren“, und zog die bisherigen Beiträge zu Kinderthemen auf diese Seite um.
Hast du die Websites selbst erstellt?
Ja. Anfangs waren die Blogs auf der WordPress-Plattform, wo man sich mit wenigen Klicks ein Blog zusammenstellen kann. Inzwischen habe ich viel über WordPress gelernt und mache alles selbst, das „Kinderohren“-Blog gestalte ich gerade etwas um, das ist in Arbeit. Das Headerbild dort habe ich allerdings von einem Grafiker machen lassen.
Wie viel Zeit investierst du in die Blogs? Wie kannst du sie dir leisten?
Unglaublich viel Zeit! Für eine Rezension brauche ich meist etwa eine Stunde, vorher muss das Buch gelesen, das Hörbuch gehört werden. Ich sorge dafür, dass ich immer Bilderbücher auf dem Stapel habe, weil sie rasch gelesen sind. Hörbücher höre ich gerne beim Bügeln oder anderer Hausarbeit. Manchmal blogge ich abends, aber meistens an den Wochenenden. Ich schaue nur noch selten fern und wenn am Wochenende eine Veranstaltung ist, überlege ich zweimal, ob ich hingehe oder die Zeit zum Bloggen nutze. Auch unser Garten leidet darunter …
Wie läuft die Zusammenarbeit mit den Verlagen?
Anfangs habe ich nur eigene (Hör-)Bücher rezensiert, mit der Zeit kamen die ersten Anfragen von Verlagen. Heute läuft auch viel über Agenturen, außerdem melden sich häufig die Autorinnen und Autoren selbst. Viele Verlage schicken mir ihre Kataloge und ich kann mir die Rezensionsexemplare frei aussuchen. Nachdem ich ein Buch rezensiert habe, schicke ich den Link an meine Kontaktperson.
Was machst du, damit sich dein Blog verbreitet? Wie kommst du an Follower?
Ich habe eine Facebookseite für beide Blogs, einen Twitteraccount, wobei ich bei Twitter gerade einen Durchhänger habe, und teile die Rezensionen auch bei Pinterest. Außerdem habe ich mir zwar einen Instagram-Account zugelegt, nutze ihn jedoch kaum, mit dieser Plattform bin ich noch nicht warm geworden.
Bestimmt hast du Lieblingsbücher, die du sehr gerne rezensiert hast. Magst du uns ein/zwei Titel nennen?
Das ist bei weit über tausend Blogposts sehr, sehr schwierig. Ich mag „Das Meer von Morgen“ von Margaret Mazzantini sehr. Bei den Kinderhörbüchern gefällt mir die Fred-Reihe besonders gut.
Gab es auch Bücher, die du so richtig schön zerrissen hast? Oder legst du sie dann lieber halb gelesen zur Seite?
Ich poste nur sehr selten Verrisse. Einmal hatte ich ein Bilderbuch mit schrecklich dilettantischen Bildern, was ich entsprechend besprochen habe. Im Laufe der Zeit habe ich aber ein gutes Händchen dafür entwickelt, welche Bücher mir gefallen könnten, sodass ich selten sehr enttäuscht werde. Einige wenige Bücher habe ich abgebrochen und Verlag oder Autor/in darüber informiert.
Wie haben diese darauf reagiert? Falls sie überhaupt reagiert haben.
Verlage und Agenturen haben damit gar kein Problem, sie bedanken sich lediglich für die Information. Bei Autorinnen und Autoren ist es verständlicherweise ein wenig anders, es handelt sich schließlich um Kritik an einem Projekt, in das meist sehr lange sehr viel Herzblut geflossen ist. Da ich immer erkläre, weshalb ich mit einem Buch nicht klarkam, wurde das jedoch akzeptiert – und kam ja, wie gesagt, zum Glück noch nicht so oft vor.
Du bist in diesem Jahr Jurymitglied des Deutschen Selfpublishing-Preises. Die Longlist umfasst je zwölf Titel aus Belletristik und Kinder- und Jugendbuch und aus Sachbuch und Ratgeber – also 24 Bücher, die du nun zusätzlich zu deiner Tätigkeit als Lektorin und Bloggerin lesen darfst. Wie schaffst du das? Legst du Nachtschichten ein?
Das war tatsächlich eine Herausforderung. Ich habe schon Monate vorher darauf verzichtet, für den Sommer Rezensionsexemplare anzufordern, sodass tatsächlich, als ich die Bücher der Longlist bekam, keine Bücherstapel mahnten und ich mich auf die Juryarbeit konzentrieren konnte. Die Blogs gingen derweil in Sommerpause. Zum Glück fiel in diese Zeit auch mein Urlaub, in dem ich viel gelesen habe.
Magst du uns abschließend noch etwas vielleicht Außergewöhnliches aus deinem Leben als Bloggerin mitteilen?
Vergangenes Jahr wurde das „Kinderohren“-Blog für den Buchblog-Award Bubla nominiert. Natürlich war ich schon häufig auf den Buchmessen, aber als Nominierte im Buchzelt zu sitzen und auf die Bekanntgabe der Gewinnerblogs zu warten, war eine ganz besondere und spannende Erfahrung. Zwar hat mein Blog nicht gewonnen, aber ich hatte einen tollen Tag und habe viele andere interessante Bloggerinnen und Blogger kennengelernt.
Interview: Sibylle Schütz
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Foto: Daniela Dreuth / © privat
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