Der VFLL erhielt wieder Gelegenheit, sich bei Verlagslektorinnen und -lektoren vorzustellen. Im Lektorenseminar auf dem mediacampus frankfurt fragten sie interessiert nach und erfuhren so nicht nur mehr über den Verband, sondern auch über die freiberufliche Arbeit. Ein persönlicher Bericht
von Joachim Fries
Einmal im Jahr veranstaltet der mediacampus frankfurt das „Lektorenseminar“ unter der Leitung von Dr. Klaus-W. Bramann – eine Fortbildung für angehende und frischgebackene Lektorinnen und Lektoren. Traditionell wird unsere Verbandskollegin Christiane Kauer eingeladen, den VFLL vorzustellen. Heuer war nicht alles, aber manches anders. Zufälligerweise fand zeitgleich das VFLL-Seminar „Fit fürs Freie Lektorat“ auf dem mediacampus statt, das Thirza Albert und ich bestritten, und Christiane fragte uns vorab, ob wir nicht mitkommen wollten. Gerne sagten wir zu und verteilten die Schwerpunkte: der VFLL im Allgemeinen (Christiane), die RG Frankfurt als Beispiel für die Regionalgruppen (Thirza) und die Fortbildung des VFLL (ich).
Termin und Treffpunkt waren ausgemacht, und urplötzlich stand Klaus-W. Bramann in unserem Seminarraum. Ein Missverständnis: Unser Part war früher dran als geplant. Christiane noch nicht da, Thirza im eigenen Seminar gebunden, also warf ich unsere Planung über den Haufen und ging mit ins Lektorenseminar. Dort angekommen, stellte ich mich kurz vor und fragte arglos: „Was möchten Sie denn gerne wissen?“ Wie das mit der Scheinselbstständigkeit sei? Kalt erwischt. Ich kratzte meine Kenntnisse zusammen und erwiderte, dass manche Unternehmen versuchten, Beschäftigungsverhältnisse und die damit verbundenen Abgaben zu vermeiden und diese im Falle einer Prüfung nachzahlen müssten, wenn die Auftragnehmer nicht wirklich selbstständig seien. Letzteren könne nicht Schlimmeres passieren als die Feststellung, dass sie tatsächlich angestellt sein. Nachfrage: Die Kriterien für Scheinselbstständigkeit? Ein paar hatte ich im Hinterkopf und machte deutlich, dass diese nicht im Sinne einer Checkliste verstanden werden dürften, sondern es auf die Würdigung im Einzelfall ankäme. Auch sei nicht die vertragliche Regelung, sondern die tatsächliche Praxis ausschlaggebend.
Honorare und andere Kunden im Freien Lektorat
Wie das mit den Honoraren im Freien Lektorat sei? Hier fühlte ich mich schon bedeutend sicherer und zeigte auf, dass das Nettoeinkommen eines festangestellten Lektors nicht einfach mit dem Honorarsatz einer freien Lektorin verglichen werden könne, schließlich seien darin Betriebsausgaben, Steuern und Sozialversicherung enthalten. Unterm Strich bliebe oft wenig übrig. Auch ich hätte als Angestellter mehr verdient denn als Freiberufler. Ob ich den Schritt in die Freiberuflichkeit bereut habe? Das konnte ich aus voller Überzeugung verneinen, die Freiräume als Freiberufler wögen die finanziellen Einbußen mehr als auf. Eine Spitze konnte ich mir nicht verkneifen: Die Praxis vieler Verlage, entweder lausige Honorare zu zahlen oder gleich ein Lektorat ganz einzusparen, führe zu einem Trend hin zu anderen Kunden im Freien Lektorat – etwa Unternehmen jenseits der Verlagsbranche oder Self-Publishern. Apropos Kunden: Wie wichtig Netzwerke zur Kundengewinnung seien? Diese spielten eine wichtige Rolle, sowohl Kundennetzwerke als auch Kollegennetzwerke wie der VFLL. Wenn man noch nicht über solche verfüge, sollte man sie möglichst schnell aufbauen. Viele Kunden und Aufträge könne man durch Netzwerkarbeit und Empfehlungsmanagement akquirieren.
Inzwischen war die Erlösung in Gestalt von Christiane gekommen und die erste Frage nach dem VFLL nutzte ich, erleichtert an sie abzugeben. Christiane hatte Informationsmaterial mitgebracht, das gerne angenommen wurde: die neue Imagebroschüre sowie die Flyer, die über den VFLL und das Lektorat informieren. Natürlich durfte auch der Hinweis auf den „Leitfaden Freies Lektorat“ nicht fehlen. Noch ein paar Worte zur Entstehung, Gliederung und Fortbildung des Verbandes, und unversehens war aus einer vorgesehenen halben eine Dreiviertelstunde geworden. Klaus-W. Bramann mahnte zum Aufbruch, im Restaurant war ein Tisch für das Abschlussessen des Lektorenseminars reserviert. Christiane und ich verabschiedeten uns, nicht ohne uns darüber zu freuen, dass Klaus-W. Bramann in seinem Schlusswort das 15-jährige Bestehen des VFLL würdigte und von einer „Erfolgsgeschichte“ sprach.
Website von Joachim Fries: www.lernwert.de
Weitere Informationen über den „Leitfaden Freies Lektorat“
Die Broschüre „Gemeinsam für Textqualität – der Lektorenverband stellt sich vor“ zum Download
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