Dr. Annika Lamer

VFLL-Veranstaltungsreihe „Frag den Profi!“ mit Dr. Annika Lamer

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Frag den Profi!“ bietet der VFLL eine Sprechstunde zur deutschen Grammatik an. Am 24. September haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre spezifischen Fragen direkt an eine Expertin zu richten. Sprachwissenschaftlerin Dr. Annika Lamer beantwortet Fragen rund um Themen wie Kasuskongruenz, Adjektivdeklination oder Satzbau. Das Format richtet sich an alle, die beruflich mit Sprache arbeiten – ob Lektor*innen, Übersetzer*innen oder Redakteur*innen.

Annika, welche grammatikalischen Fragen begegnen dir in deiner täglichen Arbeit am häufigsten und wie bereitest du dich darauf vor, diese in einer Sprechstunde wie „Frag den Profi!“ zu beantworten?

 Es passiert ziemlich oft, dass sich Menschen, die mich aus meinen Workshops oder meinem Blog kennen, mit solchen Fragen an mich wenden. Dadurch bekomme ich einen recht guten Einblick, was Schreibende beschäftigt.

Oft sind es Kasusfragen – mitunter ein wenig hausgemacht, weil zu komplizierte Satzgefüge gewählt werden. Aber auch Kongruenzprobleme kommen häufig vor. Hier gerät unser Sprachgefühl besonders gern ins Schlingern.

Das Schöne am Format von „Frag den Profi!“ ist, dass nicht alles planbar ist. Zwar bekomme ich die Fragen vorher zugeschickt, aber es entwickeln sich auch immer noch abweichende Thesen, Ergänzungen, Einwürfe … Darauf kann man sich kaum vorbereiten. Flexibilität und Gelassenheit sind daher wichtige Stärken, die ich mitbringe.

Kannst du uns ein Beispiel für eine knifflige grammatikalische Frage nennen?

Knifflig ist eine Grammatikfrage vor allem dann, wenn man die Antwort nicht so einfach nachschlagen kann. Entweder weil man gar nicht weiß, nach welchem Stichwort man suchen soll – oder weil die Fundstelle ganz viel „Es kommt darauf an …“ offen lässt.

Ein Beispiel aus meinen Leserfragen wäre folgender Satz: „Das bedeutet nicht, dass der Spieler oder der Coach nicht anfällig für Fehler wäre(n).“ Wäre oder wären? Es geht beides.

Und noch ein schönes Beispiel: „Anton ist eine(r) von 22 männlichen Hebammen in Deutschland.“ Eine oder einer? Grammatisch auf der sicheren Seite wäre man mit „eine“, aber „einer“ ist eine Lösung, über die sich durchaus diskutieren lässt.

Die Themen in der Sprechstunde decken ein breites Spektrum ab – von Konjunktiv bis Numerus. Welches dieser Themen erfordert deiner Meinung nach die meiste Aufmerksamkeit im Lektorat?

Im Lektorat liegt sicher eine große Aufmerksamkeit auf den Endungen – welchen Kasus erfordert das Verb, Fallangleichung etc. Das lässt sich aber noch relativ leicht nachschlagen. In der Sprechstunde rechne ich eher mit Spezialfragen, die eben nicht so leicht nachzuschlagen sind. Ich bin selbst sehr gespannt, was da so kommt.

Welche Vorteile siehst du für die Teilnehmer*innen, ihre individuellen Fragen in einem solchen Format einzubringen?

Erst einmal ist es natürlich super, eine Antwort auf seine Fragen zu bekommen. Das Coole ist aber, dass die Teilnehmenden nicht nur meine Sicht erfahren, sondern dass wir wunderbar gemeinsam diskutieren können. Denn, ganz klar: Auf viele Fragen gibt es keine Ja-Nein-Antwort, sondern es ist viel Interpretation und Eigenentscheidung gefragt.

Wenn ich mir hier ein entsprechendes Selbstbewusstsein zulege, werde ich mich in schwierigen Lektoratsentscheidungen weniger verloren fühlen. Die Sprechstunde kann also auch Sicherheit für den Berufsalltag geben.

Was motiviert dich persönlich, dein Wissen in solchen Sprechstunden zu teilen?

Mein Trainerinnenherz schlägt natürlich höher, wenn ich anderen helfen kann. Daneben motiviert mich aber auch mein eigenes Erkenntnisinteresse. An interessanten Grammatikfragen zu knobeln, erweitert auch mein eigenes Wissen.

Möchtest du dich noch kurz vorstellen? Was machst du, wenn du nicht als Dozentin für den VFLL tätig bist?

Ich bin Schreibtrainerin, bin sowohl für Unternehmen tätig als auch als Anbieterin von offenen Workshops. Wie schreibe ich locker und lebendig? Wie komme ich auf originelle Ideen? Das sind meine Kernthemen.

Neben dem Ausdruck spielt aber eben auch die richtige Form eine große Rolle: Zeichensetzung, Rechtschreibung und Grammatik. 2022 ist mein Buch „Rechtschreibung klipp und klar erklärt“ bei DuMont erschienen.

Auf die VFLL-Workshops freue ich mich immer besonders, weil ich dort besonders tief in diese Themen eintauchen kann. Schließlich sind die Teilnehmenden genau solche Sprachnerds wie ich.

Interview: Katja Rosenbohm
Korrektorat: Sibylle Schütz
Foto: Dr. Annika Lamer, © (c) Janine Guldener


Weitere Infos und Anmeldung zum Online-Termin „Grammatik“ im Rahmen der VFLL-Veranstaltungsreihe „Frag den Profi!“ am 24. September 2024.


Weitere „Frag den Profi!“-Termine mit Dr. Annika Lamer 

„Orthografie und Interpunktion“ am Dienstag, 15. Oktober 2024
„Verbessere dein Marketing“ am Dienstag, 12. November 2024


Alle Veranstaltungstermine „Frag den Profi!“


Dr. Annika Lamers Website


Weiterer Beitrag zur Veranstaltungsreihe:
Interview „Frag den Profi!“ mit Walter Greulich

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