Katharina Zeutschner, Mitglied der VFLL-Arbeitsgruppe KI-Nerds, nahm im November 2024 an der Online-Konferenz ai@media teil, die zum Thema „Künstliche Intelligenz in Medien und Kommunikation“ stattfand. Im VFLL-Blog gibt sie ihre Erkenntnisse weiter.
Am 26. November 2024 fand die fünfte Ausgabe der Online-Konferenz ai@media statt, veranstaltet von digital publishing report, kurz: dpr. Wer sich auf der Website des dpr durchklickt, kann sich zu einem Spektrum an Themen informieren, die Medienschaffende rund um das digitale Publizieren heute bewegen. Themen, mit denen sich auch das freie Lektorat zunehmend konfrontiert sieht. Umso wichtiger war es zu erfahren, was sich aktuell aufseiten der Publisher*innen tut – das sind neben den klassischen Verlagen all jene Personen, Organisationen und Unternehmen, die sich mit dem digitalen Publizieren beschäftigen.
Wie nutzen Verlage KI und wie sieht es mit KI und (Urheber-)Recht aus?
Die KI hat Einzug gehalten bei den Publisher*innen, sowohl im Marketing und Buchverkauf als auch bei der Programmgestaltung. Im Lektorat kann künstliche Intelligenz bei der Rechtschreibkorrektur unterstützen oder als kreativer Sparringspartner fungieren; Tools wie Perplexity sind Hilfsmittel für die Recherche. Auch können künftig freie Lektor*innen von Verlagen für die Nutzung von KI-Tools im Rahmen der gemeinsamen Zusammenarbeit autorisiert werden.
Abhängig von ihrer Größe, den Ressourcen und dem verfügbaren Budget haben Verlage KI bereits im Einsatz oder sie planen dies zu tun, wie David Best von Berlin Consulting in seinem Beitrag erläuterte, in dem er die Entwicklungen zum Einsatz von KI im Jahr 2023 denen aus dem Jahr 2024 gegenüberstellte.
Dass Auswahl (make or buy?) und Implementierung von KI ebenso wie ihre Einführung in Abteilungen und bei Mitarbeitenden Zeit und Geld kostet, häufig mit veränderten Prozessen einhergeht und dass dies nicht eben mal nebenher zu bewältigen ist, darin waren sich die Referent*innen der Diskussionsrunde „Buch und KI“ einig. Gerade dies mache es kleinen Verlagen, die mit meist knappen Ressourcen haushalten müssen, oft schwer – auch wenn diese im administrativen oder Marketing-Bereich von Unterstützung durch KI durchaus profitieren könnten.
In dem Vortrag „Von TDM-Opt-out zu KI-Payout“ von Bookwire ging es um das spannende Thema Text und Data Mining. Stand heute dürfen mit Verweis auf Paragraf 44b UrhG, Text und Data Mining Anbieter von generativer KI für das Training ihrer Modelle urheberrechtlich geschützte Inhalte ohne Freigabe oder Lizenz benutzen. Dass dies, nicht verwunderlich, zunehmend die Gerichte beschäftigt und nach Lösungen für faire Vergütungs- und Lizenzmodelle ruft, scheint die korrekte Schlussfolgerung zu sein. Vorgestellt wurden in diesem Kontext ONIX für E-Book, Audiobook, TDMRep als Implementierung im File Code und ISCC (International Standard Content Code) zur Erstellung, Verifizierung und Erklärung digitaler Files – inzwischen ähnlich anerkannt wie ISBN.
Auf die Frage, wie menschliche Textbearbeitende die Grenze feststellen können, ab der ein Text zu KI-lastig wird – Stichwort Urheberrecht und Schöpfungshöhe – ging Stephan Heck in seinem Beitrag „KI 2.0 im Journalismus: Effizienz neu gedacht“ ein. So können zum Beispiel Redaktionen heute mit (kostenpflichtigen) Tools prüfen, welche Texte oder Textabschnitte KI-generiert sind.
Der unterhaltsame und kurzweilige Beitrag von Simea Merki (Agentur morntag, Schweiz) bot praktische Hands-on-Beispiele zur Nutzung verschiedener gängiger KI-Chatbots wie ChatGPT, Google Gemini, Claude und Perplexity bei der täglichen Arbeit und mit dem Schwerpunkt auf Projektmanagement, Content-Erstellung und Recherche.
Rund ums Thema Haftung
Es schloss sich der spannende Vortrag „KI – alles, was Recht ist!“ von Kerstin Bäcker (Kanzlei Lausen) an. Sie widmete sich den beiden Themen Haftung einerseits und Kennzeichnung andererseits. Auch hier wurde erneut auf Paragraf 44b UrhG, Text und Data Mining verwiesen sowie im Kontext der Haftung für KI-Inhalte auf die Studie „KI-Training ist Urheberrechtsverletzung“ der Initiative Urheberrecht. Interessant im Hinblick auf die Haftungsfrage beim KI-Output war hier die Feststellung, dass Nutzende, die entsprechende Inhalte veröffentlichen, die Verantwortung für Rechtsverletzungen durch KI-erstellte Werke tragen. Relevante Aspekte, die es hier zu berücksichtigen gilt, sind das Urheberrecht, der Datenschutz, das Persönlichkeitsrecht und der Markenschutz.
Kennzeichnungspflicht von KI-Inhalten
Im Bereich der Kennzeichnungspflicht von KI-Inhalten ist ebenfalls viel in Bewegung: Hier gab die Referentin an einzelnen Beispielen einen Überblick zum aktuellen Stand. So haben sich beispielsweise die Reporters without Borders (RSF) auf die „Paris Charter on AI and Journalism“ verpflichtet, das Online-Portal von heise meldete Ende 2023, dass Youtube die Offenlegung und Label von KI-Inhalten verlangt und dass bei Meta fotorealistische KI-Inhalte gekennzeichnet werden sollen. All dies soll nun endgültig gesetzlich geregelt werden in dem am 2. August 2026 in Kraft tretenden EU Artificial Intelligence Act.

Katharina Zeutschner, VFLL-Mitglied und Autorin des Beitrags
Text: Katharina Zeutschner
Redaktion: Katja Rosenbohm
Korrektorat: Sibylle Schütz
Beitragsbild: erstellt mit Dall-E
Überblick über das Programm der fünften ai@media
Weiterführende Links:
§ 44b UrhG, Text und Data Mining
Studie der Initiative Urheberrecht „KI-Training ist Urheberrechtsverletzung“
„Paris Charter on AI and Journalism“ (PDF)
Eva Maria Weiß: „Youtube verlangt Offenlegung und Label von KI-Inhalten“ (heise online)
Daniel AJ Sokolov: „Meta folgt Youtube: Fotorealistische KI-Inhalte sollen gekennzeichnet werden“ (heise online)
EU Artificial Intelligence Act
Katharina Zeutschners Website und Profil im VFLL-Verzeichnis
Die KI-Nerds im VFLL treffen sich einmal im Monat, um den Überblick über KI-relevante Themen für die Mitglieder des Verbandes zu behalten – ein Bereich, der sich gerade rasant entwickelt.
Mehr Beiträge zum Thema:
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Digitaler Kongress zum digitalen Publizieren (2021)
future!publish 2019: Ein großer Wandel fürs Lektorat?! (2018)
future!publish 2018: Die Zukunft des Publizierens. Auf der Suche nach dem Text (2018)
„Der Text hat’s in sich‘ – Semantik bei der Content-Strukturierung“ (2018)
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So lesen, arbeiten und publizieren wir in der Zukunft (2017)
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Weiterer Beitrag von Katharina Zeutschner:
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