Dritter Tag der SfEP-SI-Konferenz

Am dritten und letzten Konferenztag geht es um die Zusammenarbeit zwischen freien und Verlagslektoren. Außerdem werfen die Teilnehmer einen Blick in die Kristallkugel und in die Zukunft der Publishing-Branche.

Von Walter Greulich

Besondere Erlebnisse am Montag

Montagvormittag nehme ich an einem Workshop mit dem Titel „Having a good relationship with your clients“ teil. Geleitet wird er von den beiden „Sparringspartnern“ Jane Read und Philip Sirus. Sie freie Lektorin, er festangestellter Lektor bei Ashgate Publishing, einem mittelgroßen Verlag in England, der zu derselben Gruppe gehört wie Taylor & Francis. Erst beschreiben beide abwechselnd Szenen aus ihrem Alltag im Umgang mit der jeweils anderen Seite (spaßiges Statement von Philip Sirus bei seiner Vorstellung: I’m the enemy!). Und dann müssen wir Antworten darauf finden, wie man sich am besten in gewissen Situationen verhält. Zum Beispiel, wenn unvorhergesehene private Ereignisse eintreten und man mitten in einem Projekt steckt. Oder wenn es Probleme bei der Zahlung des Honorars gibt. Die Diskussionen sind sehr lebhaft und fördern viele Facetten zutage.

Das Crystal-Ball-Panel

Das Crystal-Ball-Panel         Bild: Walter Greulich

Nach dem Lunch steht die Zukunft an. Zuerst schauen einige Hexenmeister unserer Zunft in die Kristallkugel („Crystal ball panel session“). Auf dem Podium sitzen sowohl Vertreter von Verlagen als auch aus den Reihen von SfEP und SI. Etwas wirklich Neues weiß natürlich niemand zu verkünden. Im Wesentlichen wird das bestätigt, was John Thompson am Vortrag als Ergebnis seiner Analyse der Verlagswelt vorgestellt hat. Etwas frustrierend ist der Schluss daraus, dass eigentlich niemand mit Sicherheit sagen kann, wohin sich die Verlagsbranche entwickelt und wie sie z. B. in zehn Jahren aussehen wird.

Den gelungenen Abschluss des Tages und damit auch der Konferenz bildet der Vortrag „The future of reading…“ von Eben Muse von der Bangor University (Wales). Auch er zeigt noch einmal (ähnlich wie John Thompson am Vortag) Zahlen zur Lage der Verlagswelt. Allerdings bezieht er die Selfpublisher mit ein. Deren Neuerscheinungen machen, wenn ich es richtig verstanden habe, in den USA (2013) schon fast ein Viertel aller publizierten Bücher aus, allerdings ist dabei der stark wachsende Bereich „grauer“ Literatur (ohne ISBN) mit eingeschlossen.

Was die Lesegewohnheiten angeht, spielt laut Eben Muse zumindest im Bereich E-Books die „Conveniance“ (zu Deutsch vielleicht am besten Bequemlichkeit) eine entscheidende Rolle. Allein deswegen wird sich seiner Meinung nach das digitale Lesen immer mehr hin zu Allround-Geräten (wie Smartphones) verlagern, also weg von speziell auf das Lesen ausgerichteten Geräten (E-Book-Readern). Da außerdem bekanntermaßen Bilder eine viel größere Aufmerksamkeit als Text erlangen, wird der Trend hingehen zu kurzen, bildangereicherten Informationshappen und zu Buch-Apps, die Multimediaerlebnisse beim Lesen möglich machen. Insgesamt ist es ein anregender, aber auch nachdenklich machender Vortrag.

Mit Rich Cutler, seines Zeichens Fotograf und Lektor – während der Konferenz ist er für alle Aufnahmen zuständig – habe ich schon am Vormittag darüber gesprochen, dass es schön wäre, ein offizielles Bild mit einigen Vertretern des Vorstandes machen zu können. Und jetzt ist es so weit. Zusammen mit Lucy Metzger, zuständig für die Entwicklung der Regionalgruppen und während der Konferenz die Moderatorin der wichtigen Veranstaltungen, und Christine Vaughan, zuständig für die Organisation von Konferenzen (auch der aktuellen), werde ich in der Lecture Hall abgelichtet. Danke, Lucy, Christine und Rich!

Walter Greulich, Lucy Metzger und Christine Vaughan

Neben mir: Lucy Metzger und Christine Vaughan (rechts) © Rich Cutler 2015

Insgesamt war die Konferenz ein tief beeindruckendes Erlebnis. Es tut – zumindest mir – unglaublich gut, auf eine solche Weise Kontakt zur Publishing-Welt da draußen zu haben. Vieles ist dem ähnlich, was wir hier in Deutschland kennen, und das gibt einem das beruhigende Gefühl, Teil einer ganz großen Gemeinschaft zu sein. Vielleicht entwickelt sich ein Austausch an Gedanken und Informationen zwischen den beiden Gesellschaften SfEP und VFLL, und es wäre doch klasse, wenn an zukünftigen Jahresmeetings jeweils Vertreter der anderen Gesellschaft teilnehmen würden oder wenn wir z. B. Treffen am Rande der Frankfurter Buchmesse organisieren könnten.

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Der vollständige Artikel als PDF: http://www.vfll.de/fileadmin/pdf/Artikel/sfep_york_2015_blog_beitrag_kurz_IB.pdf

Walter Greulich in der Lektorendatenbank

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