Cover des Romans "Ein gutes Ende" von Clara Bachmann: Auf einem Gemälde sieht man von hinten eine Frau mit Kleidung aus der Jahrhundertwende, die über ihren Schreibtisch gelehnt nachzudenken scheint.

Vom Dienstmädchen zur Bestsellerautorin: Interview über Hedwig Courths-Mahler

Sie verfasste über 200 Unterhaltungsromane und -novellen und schrieb als eine der Ersten für die breite Masse: Hedwig Courths-Mahler. Der Roman „Ein gutes Ende“ von Clara Bachmann begibt sich auf die Spuren der Frau, die Brecht eine große Realistin nannte. Ein Gespräch über schreibende Weiber und heiße Schokolade.

Im Oktober erschien bei Bastei Lübbe der Roman, den unter dem Pseudonym Clara Bachmann auch ein VFLL-Mitglied mitgeschrieben hat: Mona Gabriel aus Leipzig. Mit ihr haben wir das Interview geführt.

Wenn jemand noch nie von Hedwig Courths-Mahler gehört hat: Kannst du sie in drei Sätzen beschreiben?

Hedwig Courths-Mahler ist bis heute die auflagenstärkste Autorin deutscher Sprache. Anfang des 20. Jahrhunderts erschrieb sie sich mit ihren Liebesgeschichten ein Millionenpublikum. Sie gilt vielen als „Königin des Groschenromans“.

Wie sind du und deine Co-Autorin auf sie als Thema gekommen?

Da hatte der VFLL tatsächlich einen nicht geringen Anteil daran. Beim 20-jährigen Jubiläum der RG-Leipzig im Jahr 2023 gab es nämlich einen Stadtrundgang mit dem Titel „Schreibende Weiber“. Die sehr kompetente Stadtführerin hat uns dabei erzählt, dass Hedwig Courths-Mahler aus ärmlichsten Verhältnissen stammte und selbst nur drei Jahre zur Schule gegangen war. Prägende Jahre ihres Lebens hat sie in Leipzig verbracht. Einige Zeit später erzählte ich meiner Kollegin davon. Und beim zweiten Glas Hauswein stellte sie dann die entscheidende Frage: „Sollen wir daraus nicht einen Roman machen?“ Und so nahm das Ganze seinen Lauf …

In welcher Lebensphase treffen wir Hedwig Courths-Mahler in „Ein gutes Ende“? Worauf liegt der Fokus in eurem Roman?

Der Roman beginnt, als Hedwig sich im Alter von vierzehn Jahren ihre erste Anstellung in Leipzig sucht. In einem wohlhabenden Haushalt betreut sie die gichtkranke Mutter und liest ihr auch viel vor. Hier kommt Hedwig erstmals mit der Welt der Literatur und den damals sehr beliebten Fortsetzungsromanen der [Eugenie] Marlitt und der [Wilhelmine] Heimburg in Kontakt. Wir folgen ihrem Lebensweg bis ins Jahr 1906, von Leipzig über Halle nach Chemnitz. In ihrer Familie hat niemand Verständnis für ihr „Geschreibsel“, sie heiratet den Dekorationsmaler Fritz Courths und bekommt zwei Kinder. In all der Zeit schreibt sie heimlich weiter. Der Roman endet mit ihrer ersten wichtigeren Veröffentlichung, bevor die Familie ein weiteres Mal umsiedelt, diesmal nach Berlin, wo sie ihre produktivsten Jahre verleben wird.

Wir konzentrieren uns also auf die Jahre, in denen sie erwachsen wird, mit dem Schreiben beginnt und erste Erfolge erzielt. Gleichzeitig zeigen wir hoffentlich, wie sehr ihre damaligen Lebensbedingungen ihr Schreiben beeinflusst haben. Sie schrieb immer „für die einfachen Leute“ – ein Milieu, das sie selbst gut kannte.

Hinter dem Pseudonym „Clara Bachmann“ verbergen sich ja zwei Schriftstellerinnen. Wie kam euer Schreib-Duo zustande? Und wann wusstet ihr, dass ihr erfolgreich zusammenarbeiten könnt?

Beim Hauswein in der Lieblingskneipe kommen einem manchmal die seltsamsten Ideen … Wir kennen uns tatsächlich mehr als fünfzehn Jahre, hatten aber vor diesem Projekt noch nie zusammengearbeitet. Ich brauchte einen kleinen Schubs, um mich noch mal auf ein Belletristik-Projekt einzulassen. Ein paar Wochen später recherchierten wir gerade gemeinsam in Nebra und Weißenfels, als wir die Zusage vom Verlag bekamen. Aber der Großteil der Arbeit lag ja noch vor uns.

Beim Schreiben stellten wir aber sehr schnell fest, dass wir uns gut ergänzen. Ich selbst könnte mir gar nicht vorstellen, ein solches Projekt allein zu stemmen. Zu zweit bekommt man viel schneller Rückmeldungen, hat einen Sparring-Partner und motiviert sich gegenseitig. Meine Partnerin kann Dinge, die ich nicht kann – oder sehr ungern mache –, und umgekehrt. Da haben wir echtes Glück!

Scherenschnitt der beiden Autorinnen, die das Autorinnenduo hinter Clara Bachmann ausmachen

Hinter dem Pseudonym Clara Bachmann verbergen sich zwei Autorinnen (Bild: privat)

Wie genau schreibt man zu zweit – wie ist euer Ablauf? Ihr legt zusammen fest, was passieren soll und jede schreibt ein Kapitel oder …?

Zu Beginn haben wir viel zum Leben der Hedwig Courths-Mahler recherchiert und dann herausgearbeitet, welche Geschichte, welchen Zeitraum wir erzählen wollen. Man könnte nämlich problemlos noch ein bis zwei weitere Bücher aus ihrem Leben machen, das blieb ja noch lange sehr spannend. Im Anschluss haben wir gemeinsam den Plot und eine Abfolge von Szenen entwickelt. Geschrieben haben wir meist abwechselnd, wer gerade mehr Zeit hatte, war dann eben dran.

Zwischendrin mussten wir ein wenig Gas geben und haben dann parallel geschrieben. Immer wieder haben wir abwechselnd überarbeitet und lektoriert, was die jeweils andere produziert hatte. Manche Szene flog raus, dafür kam was anderes rein. Ganz nebenbei haben wir entdeckt, dass jede von uns andere Stärken und Fähigkeiten hat und wir uns somit ideal ergänzen. Die Zusammenarbeit lief so harmonisch und hat so viel Spaß gemacht, dass wir jetzt schon am nächsten Projekt tüfteln!

und dürfen wir zu dem auch schon was wissen? Worum wird es gehen?

Es wird auf jeden Fall wieder eine Geschichte vor einem historisch interessanten Setting sein. Diesmal geht es aber nicht um eine bekannte Persönlichkeit, sondern um eine Familiengeschichte. Mehr wird aber noch nicht verraten.

Zurück zu Hedwig Courths-Mahler: Wenn du sie zum Kaffee treffen könntest, was würdest du sie fragen?

Ich wüsste zu gerne, was Hedwig wirklich von der Liebe und der Ehe hält. Aus unseren Recherchen haben wir nämlich den Eindruck, dass sie alles andere als naiv war und in ihren Geschichten ganz bewusst eine Traumwelt beschrieben hat, in die man sich vor dem schweren Alltag flüchten kann. Und außerdem würde ich sie fragen, ob die heiße Schokolade im Café Français am Augustusplatz in Leipzig wirklich so sagenhaft war.

„Ein gutes Ende“ von Clara Bachmann ist im Oktober 2025 bei Bastei Lübbe erschienen. Bestellen kann man es hier. Zum Frauentag am 8. März 2026 gibt es außerdem eine Lesung um 19 Uhr im Budde-Haus (Leipzig).

Redaktion: Cornelia Thoellden
Korrektorat: Sibylle Schütz
Aufmacherbild: Lübbe Verlag, Autorinnenbild: privat

Mona Gabriels Website und Profil im VFLL-Lektoratsverzeichnis

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