Was bewegt jemanden dazu, den Weg zum freiberuflichen Lektorat einzuschlagen? Im Interview erzählt VFLL-Kollegin Vanessa Wuzynski aus Freiburg, warum sie sich ein halbes Jahr nach Studienende für die Selbstständigkeit entschieden hat und für welche Genres sie eine Leidenschaft hegt. Auf LinkedIn folgen ihr aktuell über 3.500 Personen. Sie teilt ihre Ansichten über die wachsende Bedeutung von Social Media für das Lektorat und gibt wertvolle Tipps, wie man auf diesen Plattformen eine starke Präsenz aufbauen kann.
Was hat dich dazu inspiriert, freiberufliche Lektorin zu werden?
Ich habe in meinem Studium (Medienkulturwissenschaft und Sprachwissenschaft des Deutschen) Veranstaltungen im Bereich „Verlag und Lektorat“ und „Kreatives Schreiben“ belegt und mich dort intensiver mit dem Beruf der Lektorin beschäftigt. Es folgte ein Praktikum bei einem Verlag, danach war für mich klar, dass ich als Lektorin arbeiten möchte. Da es in meiner Heimatstadt Freiburg nur einen großen Verlag gibt, bei dem ich mich allerdings nicht sehe, ich aber unbedingt als Lektorin arbeiten wollte, habe ich mich kurz nach meinem Studium einfach selbstständig gemacht.
Du schreibst von dir selbst, dass dein Schwerpunkt die Romanwelt ist und du ein besonderes Faible für Romance, New Adult und Fantasy hast. Was fasziniert dich daran besonders?
Das sind Genres und Geschichten, die ich privat schon seit vielen Jahren unglaublich gerne lese und jetzt auch lektorieren darf. Ich mag die Leichtigkeit, das Schöne, das Liebevolle und auch das Fantasievolle, das diese Genres mit sich bringen. Und obwohl es vor allem in den letzten Jahren so viele neue Veröffentlichungen in diesen Bereichen gibt, ist jede Geschichte einzigartig und immer wieder aufs Neue schön.
Grundsätzlich lektoriere ich auf Anfrage aber auch andere Genres, zum Beispiel Sachbücher.
Auf LinkedIn bist du sehr präsent, dir folgen dort aktuell über 3.500 Personen. Welche Rolle spielen deiner Ansicht nach Social Media im Allgemeinen und LinkedIn im Speziellen für die Zukunft des Lektorats?
Ich glaube, dass das Selfpublishing in den kommenden Jahren immer mehr an Beliebtheit gewinnen wird. Daher wird Social Media eine sehr wichtige Rolle für das Lektorat beziehungsweise für Lektor*innen spielen, denn der Trend geht dahin, für das eigene Buchprojekt, das im Selfpublishing veröffentlicht werden soll, freiberufliche Lektor*innen zu suchen. Und das wird eben gerne und oft über Social Media gemacht!
Auf LinkedIn sind meiner Meinung nach noch nicht so viele Lektor*innen aktiv, was durchaus eine Chance für alle darstellt, die auf sich und ihre Dienstleistung aufmerksam machen möchten.
Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Strategien, um auf LinkedIn eine starke Präsenz aufzubauen und erfolgreich zu agieren?
LinkedIn ist schon längst keine Plattform mehr, mit der man lediglich einen Job sucht. Es ist mittlerweile eine echte Social-Media-Plattform geworden. Ich bin jetzt seit knapp über einem Jahr auf LinkedIn aktiv und poste drei- bis fünfmal Mal pro Woche. Zu Beginn ist es meiner Meinung nach wichtig, sein Profil zu vervollständigen und sich selbst über das eigene Angebot im Klaren zu sein. Das ist für mich die Grundvoraussetzung. Dann ist es wichtig, regelmäßig zu posten. Beim Content unterscheide ich zwischen Fachcontent und persönlichem Content. Ich empfehle eine Mischung aus beidem.
Neben dem Posten von Beiträgen ist es wichtig, das eigene Netzwerk zu erweitern und auch Leute ins Netzwerk einzuladen, die nicht den gleichen Beruf ausüben wie man selbst. Bücher schreibt schließlich potenziell jeder! 😉 Anschließend empfehle ich, täglich auf Beiträge zu reagieren. Das fördert die Präsenz und macht sichtbar. Mein wichtigster Tipp, den ich am Anfang selbst unterschätzt habe: Schreib täglich Kommentare! Zeig dich, sei aktiv, scroll durch deinen Feed und entdecke und kommentiere neue Beiträge.
Verrätst du uns, welche spezifischen Inhalte und Themen in deiner LinkedIn-Community besonders gut ankommen und warum?
Am besten kommt das Thema Selbstständigkeit an, vor allem Einblicke in meine eigene Selbstständigkeit. Ich habe mich mit 22 Jahren selbstständig gemacht und schnell festgestellt, dass kaum jemand auf LinkedIn wusste, was eine (freiberufliche) Lektorin eigentlich macht. Jetzt, knapp ein Jahr später, kann ich sagen, dass zumindest mein Netzwerk bestens Bescheid weiß!
Ich habe viele andere Selbstständige in meinem Netzwerk und da kommt es oft gut an, wenn man mal von anderen lesen kann, was da in der Selbstständigkeit gut oder eben nicht so gut läuft, welche Tipps und Tricks die anderen haben und wie man sich gegenseitig unterstützen kann.
Welche Tipps hast du für freiberufliche Lektor*innen, die gerade erst anfangen, LinkedIn zu nutzen oder ihre Präsenz dort ausbauen möchten? Was sind die ersten Schritte?
- Lege dir ein Profil an und vervollständige es. Das heißt: Profilbild, Banner, Slogan, Infotext, Kontaktangaben, Berufserfahrungen, Ausbildung, Kenntnisse etc.
- Lege für dich fest, welche Leistungen du anbieten möchtest und schreibe darüber in deinem Infotext und im Slogan. So ist für andere direkt klar, was du machst.
- Trau dich, Beiträge zu schreiben. Stell dich am Anfang in einem Beitrag vor, erzähl von dir und wie du zu deinem Beruf gekommen bist. Schreib über deine Selbstständigkeit, über dein Angebot, über deine Learnings, deine Wünsche, deine Ziele etc.
- Reagiere auf andere Beiträge und kommentiere sie. Du wirst nur gesehen, wenn du dich auch zeigst. Und zwar in Form von Interaktion. Sei neugierig!
- Erweitere dein Netzwerk und versende Vernetzungsanfragen an Menschen, die du interessant findest oder deren Beruf du spannend findest. Das sollen definitiv nicht nur andere Lektor*innen oder Autor*innen sein!
- Hab Spaß und lege nicht alles auf die Goldwaage. Am Anfang braucht es Zeit, bis du Erfolge siehst. Bleib kontinuierlich dabei, auch wenn es nur langsam anläuft oder sich zwischendurch mal schleppend anfühlt. Das geht uns allen mal so!
Interview: Katja Rosenbohm
Korrektorat: Sibylle Schütz
Beitragsbild: Vanessa Wuzynski, (c) privat
Vanessa Wuzynskis Website und Profil im VFLL-Lektoratsverzeichnis
Mehr Beiträge aus der Kategorie „Und was machst du (sonst) so?” im VFLL-Blog:
Neugierig auf die Kombination Lektorin und Philosophin (2024)
Phantastische Aussichten: VFLL-Mitglieder in der PAN-Stipendienjury 2024 (2024)
„Als Lektorin nehme ich mich selbst zurück, um möglichst objektiv Feedback zu geben“ (2024)
Angestaubte Sitzungsprotokolle in Sütterlin entziffern (2023)
VFLL-Mitglied Johanna Schwering nominiert für den Übersetzerpreis der Leipziger Buchmesse (2023)
„Einen normalen Arbeitsalltag gibt es – zum Glück – nicht” (2023)
Pingback: „„Ich bin auch in meiner Kirchengemeinde Lektorin“ - VFLL-Blog