Coverbild „Die 13. Hexe – Die Königswacht I“ von Mark Hayden

Rezension zu Mark Haydens „Die 13. Hexe – Die Königswacht I“

VFLL-Mitglied und Freie Lektorin Sabine Hofbauer ist Fantasy-Fan durch und durch. Im vergangenen Oktober stellte sie Rebecca Yarros’ „Fourth Wing – Flammengeküsst“ im Blog vor. Nun hat sie den Urban-Fantasy-Roman „Die 13. Hexe“ von Mark Hayden unter die Lupe genommen und berichtet von ihren Leseeindrücken – die natürlich auch beruflich geprägt sind.

Von Sabine Hofbauer

Die ersten Eindrücke

Cover des Urban-Fantasy-Romans „Die 13. Hexe – Die Königswacht I“ von Mark Hayden, (c) Lindwurm Verlag

Ich mag Urban Fantasy sehr. Und da das Genre erstaunlicherweise auf das Cover des Buches gedruckt wurde und mich das Cover ohnehin bereits gestalterisch anspricht, greife ich zu und kaufe den Band.

Meine Arbeit als Lektorin trägt dazu bei, dass ich zu Beginn der Lektüre nachschaue, ob aufgeführt wird, wer sich um das Lektorat oder um die Übersetzung gekümmert hat.

Erster „Fehler“: Es wird kein Lektorat genannt. Nur die Übersetzung aus dem Englischen, das Korrektorat und der Buchsatz werden aufgeführt. Das lässt mich stutzig werden, denn Übersetzung und Lektorat sind zwei unterschiedliche Vorgänge; die Person, die Korrektur gelesen hat, machte eben … genau das, und im Buchsatz liegt der Fokus wieder auf ganz anderen Dingen. Ich finde also das fehlende – oder nur nicht genannte? – Lektorat sehr befremdlich. Zudem: Bereits auf Seite 2 finde ich den ersten Rechtschreibfehler, auf Seite 4 den nächsten – und dabei bleibt es nicht.

Das hätte ja noch nicht so schlimm sein müssen, aber auch im Verlauf der Geschichte entdecke ich, abgesehen von den genannten Rechtschreibfehlern, die ein oder andere Unstimmigkeit und darüber hinaus auch Logiklücken, die Fragezeichen in meinem Kopf und ein Störgefühl in meinem Bauch auslösen.

Was mich stört

Direkt zu Beginn reißt der Protagonist Conrad kurz Geschehnisse aus seinem Leben an, die aber „nichts zur Sache tun“ (Seite 7): Die Polizei sucht nach ihm, er hat eine Schussverletzung und ein verwundetes Bein. Wenn solche Einschränkungen wie die Verwundung erwähnt werden (er hat ein „Schienbein aus Titan“) oder er „weg von der Spur aus Leichen“ fährt, dann will ich als Leserin schon wissen, warum.

Es tauchen auch Abkürzungen wie zum Beispiel „GCHQ“, „DFC“, „TFL“ oder „SIG“ auf, die im Sprachgebrauch des britischen Englisch sicherlich geläufig sind, aber ich kann nichts damit anfangen. Auch das finde ich nicht optimal umgesetzt und hätte einem Lektorat auffallen können.

Ich bin ganz bestimmt dagegen, dass jede Kleinigkeit erklärt wird (wir winken wild mit dem „Show, don’t tell“-Schild), aber wenn mir ein Protagonist wie Conrad präsentiert wird, der einerseits ein ganz harter Brocken sein soll und andererseits überaus witzig, dann muss die Darstellung wirklich gut sein, damit mich das Ganze überzeugt. Und in „Die 13. Hexe – Die Königswacht I“ haben wir so einen Protagonisten.

Die Geschichte

Conrad Clarke gerät kurz vor Weihnachten in die Abhängigkeit des Allvaters. Ja, tatsächlich soll es sich bei dieser Figur um Odin handeln. Dieser setzt sich mit Conrad über dessen Handy in Verbindung, und obwohl Conrad zuerst an eine Art Phantomerscheinung aufgrund einer älteren Verletzung am Kopf denkt, nickt er im ziemlich realen Gespräch mit dem Allvater alles ab, was dieser ihm aufträgt. Obwohl Odin ihm noch nicht einmal gesagt hat, was für einen Job er für ihn erledigen soll, kniet er sinngemäß vor ihm nieder (er kann es nicht wirklich aufgrund seiner Verletzung), erkennt ihn als seinen Schutzherrn an und trinkt von Odin „irgendwie“ (wie Conrad es nennt) verzaubertes Wasser aus dem nahe stehenden Brunnen.

Conrad erfährt, dass Odin Schulden hat und er als sein Agent agieren soll. Im Lauf der Geschichte stellt sich irgendwann heraus, dass er eine Hexe ausfindig machen soll, die aufgrund mysteriöser Umstände nicht mehr auffindbar ist. Dazu muss er im tatsächlichen Sinn in den Untergrund gehen: in das Untergrundsystem der Londoner U-Bahnen.

Darüber hinaus macht Conrad Bekanntschaft mit Wesen, die Magick (Schreibweise des Autors) bewirken können. Er selbst hat nur in sehr geringem Maß Fähigkeiten, die übernatürlich sind. Zudem wird er von einer mysteriösen Frau verfolgt, die ihn töten will. Was dahinter steht und wie er auf verschlungenen Wegen zu seinem Ziel kommt, ist zwar einerseits sehr fantasievoll, aber es hätte durchaus noch Potenzial gehabt, gerade bei Schilderungen und Wendungen, die nicht hundertprozentig logisch ausgearbeitet sind und die die oben genannten Logiklücken erzeugen. Das ist sehr schade.

Conrad verhält sich das ein oder andere Mal ziemlich unprofessionell und fast devot, und dies, obwohl er anscheinend so ein harter, erfahrener Luftwaffenoffizier und Untergebener der (britischen) Königin war. Oder ist. So ganz eindeutig ist das nicht. Und schon gar nicht, warum er es nicht mehr sein soll. Oder will?

Gegen Ende überschlagen sich dann die Ereignisse. Das ist ohne Frage erfreulich. Ich verliere aber zum Teil den Überblick, wer hier wer ist und wer warum welche Absichten hat. Conrad vielleicht auch, denn er lässt einen Aspekt, der einen in der Geschichte relativ wichtigen, sprechenden Maulwurf betrifft, am Höhepunkt des Geschehens ganz außer Acht.

Das Ende ist wieder versöhnlicher und tatsächlich gut gewählt.

Fazit

Das Cover, das mich so angesprochen hat, stellt sich nach Beendigung der Lektüre zwar immer noch als ansprechend dar, es hat aber leider keinen für mich erkennbaren Bezug zur Geschichte.

Ich frage mich am Ende der Lektüre immer noch, welche Rolle das Lektorat in diesem Band gespielt hat. Gab es eines? Oder hat sich die Lektorin oder der Lektor sehr zurückgehalten? Für mich ist das Ergebnis jedenfalls nicht optimal. Sonst hätten es manche nicht logischen und nicht überzeugenden Schilderungen vermutlich nicht in den Band geschafft.

Definitiv immer wieder erheiternd sind die Dialoge, und auch Conrads Verbündete finde ich spannend; zum Beispiel die, die ihm zuerst Schwierigkeiten macht, sich dann aber als interessanter Gegenpart erweist.

Vom Protagonisten selbst bekomme ich kein klares Bild, das sich schlüssig und real anfühlt.

Sabine Hofbauer, VFLL-Kollegin und Autorin des Beitrags

Mein Eindruck ist zudem, dass so manche Szenen der Geschichte zu sehr wie in einem Film sein sollen. Manchmal kann die Vorstellung davon für das Schreiben ganz hilfreich sein. Hier ist es mir zu viel.

Wirklich beeindruckt hat mich der Band daher nicht. Aber vielleicht bekommt man bei Band II ja eher das Gefühl, das ein Lektorat mit im Boot war. Wünschenswert wäre das definitiv!


Mark Hayden: Die 13. Hexe – Die Königswacht I, Lindwurm Verlag, Hamburg, 2023, 21,00 Euro, ISBN 978-3-910279-08-7.


Sabine Hofbauers Website und Profil im VFLL-Verzeichnis


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