VFLL-Kollegin Ramona Lummer

„Einen normalen Arbeitsalltag gibt es – zum Glück – nicht”

Wer hat schon einmal etwas von einer Scanner-Persönlichkeit gehört? VFLL-Mitglied Ramona Lummer aus Gütersloh hat es sich als Beruf auserkoren, ebensolche zu coachen, ihnen Klarheit zu verschaffen und Mut zu machen, den eigenen und sehr vielfältigen Weg zu gehen. Was es nun mit den Scannern auf sich hat, erläutert Ramona im folgenden Interview (das von einer Scannerin geführt wurde).

Wie bist du dazu gekommen, Mindset-Coach und Business-Mentorin zu werden? Wie ist dein beruflicher Werdegang?

Ursprünglich habe ich Eventmanagement und Medienwissenschaft studiert und anschließend rund sechs Jahre als Referentin in der Unternehmenskommunikation verschiedener Unternehmen gearbeitet. Allerdings habe ich mich bereits vor Ende meines Studiums gefragt, wie es für mich funktionieren soll, fünf Tage pro Woche an einem Thema zu arbeiten. Während des Studiums habe ich es geliebt, immer wieder Neues zu lernen und mich auch über mein Studium hinaus am Unileben beteiligt, zum Beispiel als freie Mitarbeiterin beim Uniradio. In meinen Angestelltenverhältnissen war es dann oft so, dass mir schnell langweilig wurde, sobald ich das Thema durchdrungen hatte. Nachdem ich zuerst dachte, ich hätte mich für den falschen Job entschieden, folgte eine Phase, in der ich nebenberuflich viele unterschiedliche Dinge ausprobiert habe, um herauszufinden, was mich beruflich wirklich erfüllt. In dieser Zeit habe ich auch meine Coaching-Ausbildung gemacht. Schließlich wurde mir klar, dass die Lösung für mich ist, mich nicht auf die eine Sache festzulegen, sondern unterschiedliche Dinge zu tun. Heute bin ich Coach, Texterin, Lektorin und Kursleiterin für Waldbaden.

Hast du dich auf eine Zielgruppe spezialisiert?

VFLL-Kollegin Ramona Lummer

Ramona Lummer hat sich auf die Zielgruppe der sogenannten Scanner-Persönlichkeiten spezialisiert.

Im Coaching habe ich mich auf die Zielgruppe der sogenannten Scanner-Persönlichkeiten spezialisiert. Der Begriff wurde von der amerikanischen Autorin und Coach Barbara Sher geprägt. Scanner-Persönlichkeiten sind Menschen, die in unterschiedlichen Bereichen besonders gut sind und mehr als eine berufliche Leidenschaft haben. Sie arbeiten sich schnell in neue Themenbereiche ein, verlieren aber oft das Interesse, wenn sie ein Thema durchdrungen haben. Ihre Herausforderung ist es, langfristig an etwas dranzubleiben. Ihre Stärken: Sie haben ständig neue Ideen, keine Angst davor, etwas Neues auszuprobieren und denken analytisch und lösungsorientiert. Da unsere Gesellschaft allerdings auf Expertentum und Spezialisierung gepolt ist, erlauben sich viele Scanner:innen nicht, ihre Vielfalt auch beruflich zu leben. Sie zwängen sich in klassische Experten-Jobs und fühlen sich deshalb unterfordert oder sind unzufrieden. Im Coaching geht es im ersten Schritt oft darum, sich zu erlauben aus dem klassischen „Ich muss mich für einen Job entscheiden und diesen bis ans Ende meines Lebens machen“-Denken rauszukommen und für den eigenen individuellen Berufsweg loszugehen.

Das Lektorat kam erst später zu deinen beruflichen Tätigkeiten dazu. Was war da deine Motivation?

Ich bin irgendwann, eher zufällig, auf den Beruf der freien Lektorin gestoßen und war sofort begeistert: für mich die perfekte Möglichkeit, meine zwei großen Leidenschaften – die Liebe zu Text und Sprache und die Persönlichkeitsentwicklung – zu verbinden. Deshalb habe ich mich im Lektorat auch auf den Sachbuch-Bereich und die Themen Persönlichkeitsentwicklung, Psychologie, moderne Spiritualität und Naturverbindung spezialisiert. Außerdem habe ich die Idee, zusätzlich vor allem junge Autor:innen auf ihrem Weg zum eigenen Buch als Coach zu begleiten. Beim Schreiben eines Buchs stoßen viele auf die eine oder andere Herausforderung, bei der Coaching – auch im Mindset-Bereich – gut unterstützen kann.

Seit wann bist du im VFLL und was schätzt du an dem Verband?

Ich bin seit Mai 2022 Mitglied im VFLL und war direkt positiv überrascht davon, wie herzlich ich aufgenommen wurde, und über die Unterstützung, die man von allen Seiten bekommt. Ich hatte in den letzten Monaten sehr schönen Austausch mit unterschiedlichen VFLL-Mitgliedern – per E-Mail, telefonisch und auch persönlich vor Ort. Das hilft natürlich sehr – gerade am Anfang, wenn man sich an die ersten Aufträge herantastet, Angebote kalkuliert und noch nicht so genau weiß, was in der Branche üblich ist. Auch die Verbandstreffen der Regionalgruppen vor Ort gefallen mir sehr gut.

Du hast darüber hinaus auch eine eigene Frauen-Community gegründet. Wie bist du auf die Idee und an interessierte Frauen gekommen?

Im Juni 2022 habe ich meine eigene Community gegründet, in der selbstständige Frauen mit unterschiedlichen beruflichen Standbeinen die Möglichkeit haben, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Die Idee ist im Grunde aus einem Bedarf meiner Kundinnen im Eins-zu-eins-Coaching entstanden. Viele haben sich über das Coaching hinaus auch den Austausch mit anderen Scanner-Persönlichkeiten gewünscht, da sie die Erfahrung machen, dass sie mit ihren vielen Interessen und unterschiedlichen beruflichen Tätigkeiten im eigenen Umfeld nur bedingt verstanden werden.

Was macht diese Community aus, wie viele Frauen beteiligen sich an ihr und wie funktioniert diese Community?

Die Community lebt vom Austausch der Frauen untereinander. Oft macht es schon einen großen Unterschied, festzustellen, dass man mit seinen Wünschen, Herausforderungen, Zweifeln und Ängsten in Bezug auf die eigene Selbstständigkeit und den bunten Lebenslauf nicht alleine ist. Wir treffen uns dreimal monatlich online. Neben einem Workshop zu einem Thema aus den Bereichen Selbstständigkeit als Scanner-Persönlichkeit, Mindset und Online-Business, gibt es einen Netzwerkabend sowie ein gemeinsames Co-Working. Manchmal organisieren die Teilnehmerinnen auch zusätzliche Co-Working-Termine. Im Oktober und November haben wir außerdem ein Co-Reading organisiert, bei dem wir gemeinsam gelesen haben. Wir Scanner:innen haben oft einen riesigen Bücherstapel und nehmen uns viel zu selten die Zeit, diese Bücher auch wirklich zu lesen. Neben den Online-Veranstaltungen haben die Teilnehmerinnen außerdem die Möglichkeit, sich über einen gemeinsamen Slack-Workspace auszutauschen. Momentan sind es 14 Frauen, die regelmäßig an den Community-Treffen teilnehmen.

Du bietest auch Kurse im Bereich Waldbaden an. Was bedeutet Natur für dich und wieso beziehst du sie in deine Arbeit ein?

Mit meinen Kursen im Bereich Waldbaden bin ich 2020 nebenberuflich in die Selbstständigkeit gestartet. Das Thema Waldbaden selbst ist mir während meiner beruflichen Findungsphase begegnet und eines der Themen, die geblieben sind. Ich selbst liebe die Natur als Ruhe- und Kraftort. Auch für das Coaching ist die Natur eine tolle Umgebung, da alltägliche Einflüsse weitestgehend ausgeschaltet werden. Wenn ich in der Natur bin, dann muss ich niemand sein. Ich muss nichts tun. Das ermöglicht mir auch in Kontakt mit dem zu kommen, was mir wirklich wichtig ist. Dieses Gefühl möchte ich gerne weitergeben.

Wie schaut ein „normaler“ Arbeitsalltag einer Scannerin aus? Hast du bestimmte Zeiten für deine Coachings, den Blog, das Lektorat reserviert oder geht das eine in das andere über?

VFLL-Kollegin Ramona LummerDas Wichtigste, wenn man als Scanner-Persönlichkeit mit unterschiedlichen beruflichen Standbeinen unterwegs ist, ist aus meiner Sicht eine gute Planung. Es geht darum, Prioritäten immer wieder neu zu setzen, und zu bewerten, was gerade wirklich wichtig ist. Sonst kann man sich schnell verzetteln und selbst überfordern. An erster Stelle stehen bei mir meine Kundinnen im Eins-zu-eins-Coaching. Aktuell fließt bei mir auch die meiste Arbeitszeit ins Coaching, meine Workshops und die Community sowie die Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen um mein Angebot herum. Je nach Auftragslage kommen Text- oder Lektoratsaufträge hinzu. Ich nehme mir aber schon vor, ganze Tage für meine unterschiedlichen Standbeine zu nutzen und Coaching und Lektorat nicht an einem Tag zu vermischen. Das bringt ein bisschen Ruhe rein und klappt meistens, aber nicht immer. Einen normalen Arbeitsalltag gibt es – zum Glück – nicht.

Interview: Sibylle Schütz
Beitragsfoto: (c) Ramona Lummer / privat


Weiterführende Informationen zum Thema Scanner-Persönlichkeit auf der Website von Barbara Sher (1935–2020)


Ramona Lummers Website und Profil im VFLL-Verzeichnis


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