Symbolbild Zusammenarbeit Lektorat – Autor*in

„Ein Lektorat ist eine Selbstverständlichkeit!“

VFLL-Mitglied Sabine Hofbauer (Regionalgruppe Stuttgart) hat ihrem Herzen Luft gemacht und darüber geschrieben, was aus ihrer Sicht ein Belletristik-Lektorat ausmacht. Ein Beitrag, der sich nicht nur an Autorinnen und Autoren richtet.

Von Sabine Hofbauer

Für uns Lektorinnen und Lektoren ist das so. Wie sehen das Autorinnen und Autoren?

Um das Thema „Lektorat – ja oder nein“ genauer zu beleuchten, könnte es sinnvoll sein, sich zu fragen, was die Qualitätsmerkmale eines guten Buches oder Contents sind. Irgendwann wird man an der Frage des Sprachstils, der Zielgruppe oder ganz konkret an der Rechtschreibung und Grammatik hängen bleiben.

Mit der Überlegung, welches gute Buch man zuletzt gelesen hat und warum es so gut war, kann man dann solche Punkte auf der imaginären Liste im Idealfall abhaken – oder eben nicht.

Ist es nicht so, dass all diejenigen Autor*innen wissen, dass ihr Buch erst so richtig gut wurde, nachdem eine Lektorin oder ein Lektor sich eingehend damit befasst hat? Wem würde irgendeine bekannte Autorin oder ein bekannter Autor einfallen, deren bzw. dessen Buch oder gar Bücher (vermutlich) nicht durch ein Lektorat gegangen ist bzw. sind?

Die Zusammenarbeit zwischen Autor*in und Lektor*in wird, glaube ich, noch oft unterschätzt. Wir Lektor*innen sind nicht nur diejenigen, die, „bitte schön”, alle Rechtschreibfehler, „wegmachen”. Wir sind Partner*innen auf dem Weg zu einem Stück Kultur, Unterhaltung, Wissenschaft, Sachkunde, Lebenshilfe – zu Literatur. Gemeinsam schaffen Autor*in und Lektor*in Mehrwert. Salman Rushdie sagte bei der Literaturgala der Frankfurter Buchmesse 2023: „Literature is beauty.“ Das darf man gerne mal auf sich wirken lassen.

Lektor*in zu sein ist großartig! Ich könnte mir nichts Schöneres als Beruf vorstellen – okay, vielleicht wenn ich als Opernsängerin oder vielleicht sogar lieber als Opernsänger unterwegs sein dürfte … aber dafür habe ich leider die falschen Gene. Und ich wertschätze die Begegnungen mit meinen Kund*innen und meinen Kolleg*innen, weil sie mich über meinen Beruf hinaus bereichern. Und diese Bereicherung ist wechselseitig.

Vom Nutzen eines Lektorats profitieren Autor*innen, weil sie für sehr … lange Zeit einen Text in die Welt entlassen, den schlussendlich jede Leserin, jeder Leser auf sie als Autor*in zurückführen wird. Wer schon einmal einen nicht lektorierten Band bei Amazon gelesen und sich die dazugehörigen Rezensionen durchgelesen hat, weiß, wovon ich spreche.

Bei Fußballspielern beanstanden nur die wenigsten, dass Profis Millionen verdienen, obwohl wir von ihrer Arbeit immer nur jeweils 90 Minuten plus möglicherweise eine Verlängerung sehen; beim Kauf eines Handys lassen wir mitunter viel Geld liegen, um „das beste” Erlebnis als Nutzer*innen zu haben; für ein Auto geben wir bis zu zigtausende von Euros aus, um schnell zu sein oder eine Sitzheizung zu haben. Für einen nicht vorhersehbaren Zeitraum.

Die meisten von uns arbeiten mit großer Leidenschaft: an der stilistischen Verbesserung von Text, an den Feinheiten von Wortverwendungen, an der Recherche über Herkunft oder einer verloren gegangenen Bedeutung eines Wortes, den Eigenheiten spezifischer Bereiche oder Genres. Und wir verwenden sehr häufig unanständig viel Zeit darauf, das Beste für die jeweilig geschriebenen Worte und die oder den Autor*in herauszuholen.

Und es ist nicht unser Anliegen, das von den Autor*innen mit viel Zeit, Herzblut und Recherche gefertigte Werk kaputt zu ändern und komplett umzudrehen. Im Gegenteil: Lektor*innen möchten das, was schon da ist, perfekt zum Blühen bringen, Leucht- und Aussagekraft zum Strahlen bringen. Und das funktioniert über eine Zusammenarbeit mit Respekt, Absprache und auch mit Humor.

Das ist Unternehmertum. Und ja, das kostet auch Geld. Nur weil wir unsere Arbeit mit Leidenschaft machen, bedeutet das nicht, dass wir dafür nicht oder schlecht bezahlt sein möchten. Eigentlich genau deswegen nicht.

Viele Lektor*innen bilden sich stetig fort, um immer up to date zu sein, um für die Auftraggebenden eine verlässliche Quelle für Sprache zu sein.

Sabine Hofbauer, VFLL-Kollegin und Autorin des Beitrags

Beide Seiten wollen, dass der Text im Lieblingsfall vielen tausend Menschen gefällt. Und diese Menschen sollen und wollen überzeugt sein von der Professionalität, dem Fachwissen und der – wer hätte es gedacht – Leidenschaft der Autorin, des Autors.

Foto: Geralt/pixabay


Sabine Hofbauers Website und Profil im VFLL-Verzeichnis


Weiterer Beitrag der Autorin:
Rezension zu Rebecca Yarros: Fourth Wing – Flammengeküsst (2023)

Weitere Beiträge im VFLL-Blog:
„In unserem Netzwerk dreht sich alles rund um die Belletristik“ (2023)
Wer macht ein Buch? (2022)
Raus aus der Unsichtbarkeit! (2022)
Die Zahlen auf den Tisch – ein Gespräch über die Honorarsituation und das wirtschaftliche Selbstverständnis im Freien Lektorat (2022)

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