Ein Verband lebt vom Engagement seiner Mitglieder – das ist ganz bestimmt keine neue Weisheit. Im September stehen im VFLL wieder Vorstandswahlen an, deshalb wollen wir frühzeitig informieren und auch dazu ermutigen, sich für dieses Amt zu bewerben. Um einen Einblick in die Vorstandsarbeit zu geben, haben wir bei den derzeitigen Vorstandsmitgliedern nachgefragt. Dr. Ute Gräber-Seißinger, Dr. Markus Pahmeier und Stefanie Hegger berichten von ihren Erfahrungen und Motivationen.
Was macht der VFLL-Vorstand eigentlich?
Markus Der Vorstand führt die Geschäfte des Verbands, natürlich auf der Grundlage der Satzung und der Beschlüsse der Mitgliederversammlung – und besonders in wichtigen Angelegenheiten in enger Abstimmung mit dem Regionalrat, also der Vertretung der Regionalgruppen. Darüber hinaus trägt der Vorstand die rechtliche Verantwortung für den Verband.
Ute Der Vorstand entscheidet auch über Projekte/Projektpläne, die der Erfüllung des Auftrags dienen. Überdies koordiniert er die Aktivitäten im Verband und sorgt für die Besetzung der Positionen mit Aktiven, die entweder qua Satzung vorgesehen sind (Vorstand, Regionalrat, Finanzausschuss) und/oder die zur Umsetzung von Projekten erforderlich sind. Über seine Tätigkeit legt er den Mitgliedern Rechenschaft ab.
Wie läuft die Arbeit im Vorstand ab?
Markus Jedes Vorstandsmitglied übernimmt Aufgabenbereiche wie Fortbildung, Tagungen, Recht und Datenschutz usw. In diesen Bereichen kann das Vorstandsmitglied sehr selbstständig arbeiten. Aber natürlich stimmen wir uns im Vorstand bei wichtigen Entscheidungen untereinander ab. Oft übernehmen Teams oder einzelne Aktive die eigentliche Arbeit und das Vorstandsmitglied ist lediglich die entsprechende Ansprechperson.
Ute Die Vorstandsmitglieder vertreten jeweils verschiedene Bereiche, für die sie den Aktiven bzw. den Mitgliedern gegenüber als Ansprechpersonen fungieren, zum Beispiel die Bereiche Lektoratsverzeichnis, Netzwerke, Kommunikation (intern und extern), IT-Koordination.
Wie und wie oft trefft ihr euch?
Markus Alle zwei Wochen treffen wir uns in einer Videokonferenz. Dazwischen halten wir über unsere Vorstands-E-Mail-Adresse den Kontakt untereinander. Und bei Bedarf telefonieren wir auch.
Ute Die von Markus erwähnte Videokonferenz alle 14 Tage dauert in der Regel bis zu 1,5 Stunden.
Was hast du davon, im Vorstand zu sein?
Markus Ich lerne fachlich und menschlich sehr viel und lerne nicht ausschließlich, aber zumindest überwiegend sehr engagierte, kluge und freundliche Menschen kennen.
Ute Ich entwickele meine fachlichen Kenntnisse und meine sozialen Kompetenzen weiter. Ich stehe mit anderen Mitgliedern mit gleichen/ähnlichen beruflichen Interessen im Austausch. Ich schätze den Austausch – insbesondere im Vorstand sowie mit den Mitgliedern des Regionalrats und des Finanzausschusses sowie mit den Aktiven, nicht zuletzt auch mit den beim Verband Angestellten/Beschäftigten –, der in aller Regel geprägt ist von gegenseitigem Respekt und einem konstruktiven „Zug an einem Strang“.
Stefanie Die Vorstandsarbeit bringt mir viel. Ich bin nah an der Entwicklung des Berufsbildes dran und kann diese aktiv mitgestalten. Ich erlebe die Umsetzung von Projekten im Verband mit und bekomme die Erfolgserlebnisse mit oder habe selbst welche. Als Soloselbstständige schätze ich auch die Gelegenheit, im Team zu arbeiten. Außerdem gibt mir die Vorstandsarbeit zusätzliche Struktur in einem sonst recht agilen Arbeitsalltag. Und nicht zuletzt sammele ich natürlich auch Erfahrung in der Vorstandsarbeit.
Was war dein bestes Vorstandserlebnis?
Markus Ich habe nicht das eine beste Vorstandserlebnis. Ich freue mich immer sehr über alle menschlich und fachlich angenehmen und produktiven Kontakte – sowohl mit Verbandsmitgliedern als auch mit externen Partnern. Was vielleicht etwas heraussticht: die so erfolgreichen Open-Space-Formate, die wir im Verband realisiert haben.
Stefanie Ich habe in meiner Zeit im Vorstand viele kleine Erlebnisse gehabt, die in ihrer Gesamtheit die Vorstandsarbeit zu einem wunderbaren Erlebnis machen. Seit 2021 bin ich im Vorstand. Ich wurde damals sehr herzlich aufgenommen und eingearbeitet. Wir arbeiten eng zusammen, so dass wir nicht nur viel voneinander lernen, sondern auch viel voneinander mitbekommen. Das setzt voraus, dass wir Verständnis für die individuellen Lebenssituationen haben. Unsere gemeinsame Arbeit ist geprägt von gegenseitiger Unterstützung, ehrlichem Interesse aneinander, Wertschätzung, Offenheit, Vertrauen und Feedback. So lassen sich auch große Projekte im Verband erfolgreich umsetzen. Außerdem finde ich es gerade als freiberufliche Lektorin mit unterschiedlichen Kund*innen und Projekten sehr schön, dass der Berufsverband eine Konstante im Lektorat darstellt. Insgesamt ist für mich die schönste Erfahrung im Vorstand die gemeinsame Arbeit.
Ute Auf der Mitgliederversammlung 2018 standen Vorstandswahlen auf der Tagesordnung. Ich erinnere mich nicht an Einzelheiten, doch als die Frage nach den Kandidaturen gestellt wurde, saß ich irgendwann als amtierendes und erneut kandidierendes Vorstandsmitglied allein auf dem Podium. Dass sich im Anschluss spontan weitere Kandidat*innen meldeten, war für mich so etwas wie ein kleines Wunder. Was wäre schließlich gewesen, wenn sich keine weiteren Kandidierenden gefunden und zur Wahl gestellt hätten?
Warum bist du im Vorstand des VFLL? Was ist deine persönliche Motivation?
Markus Vor meiner Zeit im Vorstand war ich etwa eineinhalb Jahre Delegierter im Regionalrat. Auf der Arbeitstagung 2020 habe ich dem Vorstand als Delegierter ein paar Vorschläge für die Verbandsarbeit gemacht – und hatte dann auf der Rückfahrt ein ungutes Gefühl. Ich hatte die Vorschläge gemacht und der Vorstand nun die Arbeit damit. Als ein gutes halbes Jahr später neue Vorstandsmitglieder gesucht wurden, war es für mich nach dieser Erfahrung selbstverständlich, nicht nur Vorschläge für die Verbandsarbeit zu machen, sondern mich für den Vorstand zu melden und auch selbst Arbeit und Verantwortung zu übernehmen.
Stefanie Die Arbeit im Vorstand gibt mir die Möglichkeit, mich daran zu beteiligen, den Beruf als freie Lektorin oder freier Lektor weiter zu professionalisieren und den Leistungsumfang im Lektorat und den Wert sichtbar zu machen. Ich bin überzeugt davon, dass das gemeinsam besser geht als alleine. Und ich möchte dabei aktiv mitwirken.
Ute Ich bin seit 2001 Mitglied. Der Verband hat mir in meiner beruflichen Laufbahn immer den Rücken gestärkt, allein schon deswegen, weil er für mich der Ort des Austauschs mit Leuten war und ist, die in ihrem Berufsleben vor sehr ähnlichen Herausforderungen stehen wie ich selbst. Nun war es im Jahr 2014, als ich in den Vorstand gewählt wurde, hoch an der Zeit, etwas zurückzugeben. Auf dass das gelungen sein mag!
Was muss man für ein Vorstandsamt mitbringen?
Markus Auf jeden Fall sollte man engagiert sein und eine große Motivation mitbringen, den Verband mitzugestalten. Darüber hinaus sind sowohl Teamfähigkeit als auch die Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten sehr wichtig. Man sollte sich nicht davor scheuen, Verantwortung zu übernehmen, und genügend Selbstsicherheit haben, um Kritik anzunehmen, aber bei allen verschiedenen Meinungen und Interessen im Verband und bei allen externen Gegebenheiten wie rechtlichen Vorgaben nicht die Orientierung zu verlieren. Deshalb ist auch die Fähigkeit sehr wichtig, innerhalb des Verbands und darüber hinaus nicht nur Einzelinteressen, sondern das große Ganze zu sehen.
Ute Teilen der Verbandsziele, Offenheit, Gelassenheit, zugewandtes Auftreten, Zeit (ca. drei bis fünf Stunden pro Woche) …, neben den für eine Lektoratstätigkeit erforderlichen Kompetenzen, selbstredend. Aber mal ehrlich: Es ist gewissermaßen ein kleiner Luxus, im Vorstand tätig sein zu können, denn die Zeit, die dafür erforderlich ist, steht nicht für die bezahlte Lektoratsarbeit zur Verfügung.
Muss man bereits lange im Verband aktiv sein, um im Vorstand mitarbeiten zu können, oder ist auch ein neues Mitglied willkommen?
Markus Nein, man muss noch nicht lange im Verband aktiv sein und noch nicht einmal lange im Verband sein, um im Vorstand mitarbeiten zu können. Auch neue Mitglieder sind herzlichst willkommen! Natürlich sollten einige Vorstandmitglieder schon etwas VFLL-Erfahrung haben, aber das muss nicht für alle gelten.
Ute Eine Vorstandstätigkeit im Verband ist eine Tätigkeit, in die man hineinwächst; ich persönlich durfte mich immer darauf verlassen, dass wir uns im Team wechselseitig unterstützen und uns in unseren Kompetenzen ergänzen.
Stefanie Aus meiner Sicht sind auch neue Mitglieder für die Vorstandsarbeit sehr geeignet. Motivation zum ehrenamtlichen Engagement, Tatendrang, Durchhaltevermögen und eine gewisse Frustrationstoleranz scheinen mir wichtiger zu sein als eine langjährige Vereinsmitgliedschaft.
Interview: Katja Rosenbohm
Beitragsbild: Collage, (v. l.) Dr. Markus Pahmeier, Dr. Ute Gräber-Seißinger und Stefanie Hegger
Save the Date: Die Fachtagung Freies Lektorat findet vom 27. bis zum 29. September 2024 im ver.di Bildungs- und Begegnungszentrum Clara Sahlberg am Berliner Wannsee statt. Wer Interesse an einer Mitarbeit im Vorstand hat, kann sich gern vorab an vorstand@vfll.de melden. Das gilt auch für diejenigen, die nicht persönlich zur Wahl im Rahmen der Mitgliederversammlung vor Ort kommen können.
Mehr Infos zum Vorstand auf der VFLL-Website
Weitere Infos zur Organisationsstruktur auf der VFLL-Website
Dr. Markus Pahmeiers Website und Profil im VFLL-Lektoratsverzeichnis
Dr. Ute Gräber-Seißingers Website und Profil im VFLL-Lektoratsverzeichnis
Stefanie L. Heggers Website und Profil im VFLL-Lektoratsverzeichnis
Weitere Beiträge rund ums Thema Mitgliederversammlung:
Delegierten-Stimmen zur Mitgliederversammlung (2023)
Neue Ehrenmitglieder und lebendiges Engagement (2022)
Vorstand im VFLL: Mit dem Bauch entscheiden und tun, was Spaß macht (2022)
Weitere Interviews mit den aktuellen Vorstandsmitgliedern:
Dr. Grit Büchner-Mögling (2024)
Stefanie Liliane Hegger (2021)
Dr. Markus Pahmeier (2021)
Susanne Janschitz (2019)
Dr. Ute Gräber-Seißinger (2018)
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