Geboren im Ruhrgebiet, genauer gesagt in Castrop-Rauxel, ist VFLL-Kollege Andreas Pietsch mit einer Geschichte großgeworden, die sich über die Jahre ins kollektive Gedächtnis der Stadt eingebrannt hat. Sie führt auf ein schreckliches Ereignis im Jahr 1918 zurück, beim dem 31 Kinder an den Folgen einer Pilzvergiftung starben. Die Hintergründe sind bis heute ungeklärt. Vor einigen Jahren fasste Andreas deshalb den Entschluss, selbst aus dem Stoff einen Roman zu schreiben und eine eigene Wahrheit zu erfinden. Sein Roman ist 2021 erschienen. Andreas Pietsch lebt und arbeitet in der Nähe von Coburg und hat seine berufliche Heimat in der Unternehmenskommunikation gefunden.
Um was für ein Werk handelt es sich?
Der Roman „Septembersonntag“ greift ein historisches Ereignis auf. Im Mai 1918, kurz vor dem Ende des Ersten Weltkrieges, hungern die Menschen im Ruhrgebiet. Vierzig Jungen im Alter von sechs bis vierzehn Jahren werden zusammen mit ihrer Lehrerin für mehrere Monate aufs Land geschickt. Die Reise der Kinder aus Castrop (heute Castrop-Rauxel) führt nach Posen ins östliche Deutsche Kaiserreich. Mit den widrigen Verhältnissen arrangieren sie sich. Doch an einem spätsommerlichen Septembersonntag beginnt das Verhängnis …
Noch immer zeugt in meiner Heimatstadt Castrop-Rauxel ein Gedenkstein von dem schrecklichen Ereignis. Die Hintergründe blieben bisher ungeklärt. Man weiß zwar, was die Katastrophe ausgelöst hat. Es ist aber unbekannt, „wie das passieren konnte“. Mein Roman „Septembersonntag“ gibt eine fiktive Erklärung für die brutale Realität.
Wie bist du zu dem Werk oder auf das Thema gekommen?
Das von mir in einen Roman eingebettete Ereignis gehört zur Stadtgeschichte von Castrop-Rauxel im Ruhrgebiet, wo ich geboren bin. Die tragische Geschichte aus dem Jahr 1918 wurde mir schon als Kind erzählt. Vor zehn Jahren habe ich beschlossen: Wenn niemand die Wahrheit hinter dieser Katastrophe ans Licht befördert, dann erfinde ich eine.
Hast du in einem Verlag publiziert oder per Selfpublishing?
Das Buch habe ich per Selfpublishing bei Books on Demand (BoD) veröffentlicht.
Wie lange hast du an dem Buch gearbeitet?
Mit Unterbrechungen habe ich mich sieben Jahre mit dem Thema mal mehr, mal weniger intensiv befasst. So richtig losgelegt mit dem Schreiben habe ich im Herbst 2020, erschienen ist das Buch im Oktober 2021.
Gab es spezielle Herausforderungen?
Das Buch spricht zwangsweise die polnisch-deutsche Geschichte und das oft schwierige Verhältnis von Polen und Deutschen an. Hier musste ich mich einerseits in die Thematik einarbeiten und andererseits aufpassen, dass ich mich nicht zu sehr als Historiker (der ich nicht bin!) gebe.
Was hat besonders Freude gemacht?
Zum Schreiben habe ich mich zweimal für je zwei Wochen in ein Kloster zurückgezogen. Dort konnte ich ohne jede Ablenkung arbeiten.
Wie fühlt es sich an, das Werk nun in den Händen zu halten?
Das ist großartig. Ich lebe seit über 30 Jahren vom Schreiben in der Unternehmenskommunikation, seit 1997 bin ich selbstständig. Ich bin es gewohnt, dass meine Texte gedruckt werden oder online erscheinen. Das meiste davon ist allerdings sehr vergänglich. Aber dieser Text, dieser Roman, der hat Bestand und steht bei etwa 1.000 Menschen im Bücherregal.
Gibt es noch etwas, das du uns dazu sagen möchtest?
Das Korrektorat hat Marion Voigt übernommen, für Layout und BoD-Abwicklung habe ich mich an Gabi Schmid gewandt. Beide sind echt klasse und zudem Mitglieder im VFLL. Ich würde sie beim nächsten Projekt sofort wieder einbinden.
Interview: Katja Rosenbohm
Beitragsbild: Andreas Pietsch
Andreas Pietsch: Septembersonntag, BoD, 2021, 156 Seiten, Softcover, 12,– Euro.
ISBN 978-3-7543-7276-0.
Das Buch bei BoD
Das Buch ist über den Buchhandel und online z. B. im Autorenwelt-Shop erhältlich.
Andreas Pietschs Website
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